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„Eine Corona-Erkrankung hält sich nicht an Kalenderdaten“

Die heimische Filmbranche hängt in der Warteschleife. Das erste Halbjahr 2021 geht zu Ende, die Zeit beim Corona-Ausfallsfonds der Bundesregierung tickt. Längst werden aber neue Film- und Serienproduktionen in den Dreh geschickt. Mit oder ohne Schutzschirm – MR Film-Produzent Oliver Auspitz kennt beides aus leidvoller Erfahrung. Und das nächste Großprojekt „Das Netz/The Net“ befindet sich nur zwei Wochen vor dem Drehstart.

KURIER: Simple Frage, große Tragweite: Wie ist die Lage derzeit für Produzenten? Es gibt noch keinen Beschluss der Bundesregierung über die Verlängerung des Corona-Ausfallsfonds. Gleichzeitig läuft die Branche auf Hochtouren.

Oliver Auspitz: Wir bekommen zwar positive Signale, dass es zu einer Einigung in der Koalition kommt, was die Verlängerung betrifft. Gleichzeitig ist eine gewisse Nervosität da, weil wir natürlich alle bereits voll in den Vorbereitungen und Drehs fürs zweite Halbjahr sind und ohne Beschluss keine Sicherheit herrscht. Für uns rennt die Zeit, wir müssen Nägel mit Köpfen machen.

Wie wichtig ist der Ausfallsfonds noch – es scheint ja recht gut zu laufen?

Wie wichtig er ist, haben wir als MR Film im Herbst bei „Vienna Blood“ gesehen. Wie es ist, wenn es keinen Ausfallsfonds gibt, erleben wir gerade in Tschechien bei den Dreharbeiten für die fünfte Folge von „Maria Theresia“. Dort stehen die Arbeiten wegen eines Corona-Falls im Team seit zehn Tagen. So sind die Regeln und an die halten wir uns selbstverständlich. Wichtig ist zunächst ohnehin, dass Erkrankte wieder vollständig gesunden. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes kann ich darüber hinaus keine Details nennen. Klar ist aber hier wie dort, sobald ein Fall eintritt, gilt es – richtigerweise – Maßnahmen zu setzen, die auch dazu führen, dass eine Produktion unter hohen Kosten pausiert und das muss zusätzlich finanziert werden.

Ist eigentlich bekannt, wie weit die 25 Millionen des Ausfallsfonds bereits aufgebraucht sind und was er gebracht hat?

Dieser Schutzschirm, auch wenn es tatsächlich „nur“ eine Versicherung für den Fall der Fälle ist, ist eine große österreichische Erfolgsgeschichte. Was die Bundesregierung hier als eine der ersten weltweit geschaffen hat, ist bemerkenswert und das ist bisher mit relativ wenig realem Mittel-Einsatz gelungen. Da geht es in Österreich um Jobs für 4800 Beschäftige in etwa 1800 Unternehmen dieser Branche bis Ende 2021, deren wirtschaftliche Existenz damit gesichert werden muss. In diesem knappen Jahr des Bestehens des Ausfallsfonds konnten bisher während der Pandemie etwa 60 nationale und internationale Film- und Serien-Projekte in Österreich hergestellt werden. Seit in Kraft treten mussten erst etwa fünf der 25 Millionen Euro tatsächlich beansprucht werden. Da sieht man, welche positive Wirkung eine vergleichsweise kleine, aber richtig gesetzte Maßnahme entfalten kann. Danke dafür!

Was fehlt jetzt?

Was fehlt ist ein Beschluss der Bundesregierung über die Verlängerung bis Ende 2021, wie das auch schon in anderen Branchen geschehen ist. Die Mittel selbst müssen nicht erhöht werden, da ist, wie geschildert, noch Luft drin. Wenn das aber nicht jetzt in den nächsten zwei Wochen geschieht, geht der Ausfallsfonds noch bis 30. Juni -  und uns Produzenten die Luft aus. Auch wenn geimpft wird, die Möglichkeit einer Coronaerkrankung hält sich nicht an Kalenderdaten und hört einfach von einem Tag auf den anderen auf.

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Die MR Film steht vor dem Start einer weiteren Großproduktion, die über Ende Juni hinausgeht: Wie geht man mit dieser Unsicherheit um? Und was wird „Das Netz/The Net“?

„Das Netz/The Net“ ist eine große internationale Co-Produktion und auch entsprechend aufgesetzt. Wir beginnen Ende Mai eine von mehreren Serien dieser Produktion zu drehen, die dann vernetzt sein werden. Beteiligt daran sind ServusTV, das Red Bull Media House, die ARD Degeto, die Netz GmbH und die MR Film. Inhaltlich geht es darin um den internationalen Fußball um Geschäfte und dunkle Machenschaften und um das ewige Leben, ein Thema, das seit Urzeiten die Menschen beschäftigt. Die Serien decken die wesentlichen Fußball-Märkte jedenfalls in Europa ab – von Spanien über Deutschland bis England. Die parallelen Ausstrahlungen sind geplant anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaften im November/Dezember 2022 in Katar.

Der Cast und auch der Stab Eurer Serie bestehen aus Hochkarätern und eine Premiere gibt es überdies hinter der Kamera.

Zum deutschsprachigen Cast gehören u.a. der nunmehr neunfache ROMY-Preisträger Tobias Moretti und Benjamin Sadler. Über die englischsprachigen Schauspieler, ebenfalls bekannte Namen, herrscht noch Stillschweigen. Regie führen werden hier Andreas Prochaska und Daniel Prochaska, das ist die erste Zusammenarbeit von Vater und Sohn als Regisseure, was aber nicht der eigentliche Grund ist – Andreas Prochaska ist einer der bekanntesten, international tätigen österreichischen Regisseure; Daniel Prochaska ist wiederum ein Senkrechtstarter in diesem Metier.

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Die Vorarbeiten zu dieser Produktion laufen ja bereits seit Jahren?

Das Projekt fußt auf einer Idee, einem Konzept, von Matthias Hartmann, der für Red Bull die Kreativleistung hier einbringt. Es war sehr früh klar, dass wir die Serie mit Martin Ambrosch als Drehbuchautor zur Drehreife bringen wollen. Weil wir wie auch Ambrosch sehr gut Andreas Prochaska kennen – die beiden haben ja bereits zahlreiche Projekte wie „Die Spuren des Bösen“ gemacht -, konnte er sehr früh dafür interessiert werden. Es war also sehr bald klar für alle Beteiligten, dass wir das gemeinsam machen wollen. Es ist das aber natürlich eine glückliche Fügung, dass das nun zeitlich so möglich ist und der Vater beginnen und der Sohn den zweiten Teil der Staffel, die über acht Folgen geht, machen wird. Also, da muss schon sehr viel sehr gut zusammenpassen bei Kreativen, Sendern und Produktionspartnern, um solch ein Projekt jetzt zu verwirklichen. Drehstart ist am 30. Mai.