Joseph Vilsmaier: Der "Boandlkramer" ließ ihn nicht los
Von Peter Temel
Eines seiner Lebensprojekte war „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“. 59 Jahre hat der hartnäckige Münchner Joseph Vilsmaier darauf gewartet, den tief in der bajuwarischen Seele verwurzelten Stoff 2008 zu verfilmen: Ein listiger Büchsenmacher schindet beim alkoholgetränkten Kartenspiel mit dem „Boandlkramer“ einige zusätzliche Lebensjahre heraus. „Boandlkramer“ (Knochenhändler) sagt man auf Bayerisch zu Gevatter Tod.
Historische, morbide, große wie abseitige Stoffe hatten es dem „Sepp“, wie er sich selbst gern vorstellte, angetan. Aber erst spät inszenierte er diese auch selbst. Vilsmaier begann 1961 als Materialassistent, wurde dann Kameramann. Erst mit fast 50 Jahren gab er sein Regiedebüt mit „Herbstmilch“ (1989) und landete gleich einen nachhaltigen Erfolg. Die Verfilmung der Lebenserinnerungen der Bäuerin Anna Wimschneider mag für Vilsmaiers Vorlieben stehen: Oft sind es wahre Geschichten in schwierigen Zeiten, in der Peripherie angesiedelt. Ehefrau Dana Vávrová, spielte wie in vielen seiner Filme die Hauptrolle. Dass sie 2009 mit nur 41 Jahren starb, war ein schwerer Schlag für den Vater dreier Töchter.
Materialschlacht
1993 wagte er sich mit „Stalingrad“ an eines der kompliziertesten deutschen Traumata heran. Vilsmaier versuchte es mit Realismus, Anti-Kriegsheldentum und einer filmischen Materialschlacht in entsetzlicher Kälte.
Sein größter internationaler Erfolg war die Literaturverfilmung „Schlafes Bruder“. Das in einem Vorarlberger Dorf spielende Drama mit apokalyptisch anmutenden Bildern wurde 1996 für einen Golden Globe nominiert.
In die deutschsprachigen Kassenschlager der neunziger Jahre reihte sich Vilsmaier mit „Comedian Harmonists“ ein. Die österreichisch-deutsche Produktion über das legendäre Vokalensemble der Zwischenkriegszeit lockte drei Millionen Besucher an.
Bildergalerie: Joseph Vilsmaier und seine Filme
Absturz mit Messner-Story
2010 hingegen stürzte Vilsmaier mit dem Bergsteigerdrama „Nanga Parbat“ bei den Kritikern ab. Zu sehr schien der Film Reinhold Messners Version von den Umständen des Unglücks von 1970, bei dem dessen Bruder starb, bestätigen zu wollen.
Vielleicht war es auch diese Niederlage, die Vilsmaier dann dazu bewog, seine Heimat Bayern (und später auch Österreich) rein dokumentarisch mit Bildern aus dem Hubschrauber zu zeigen.
Abschied mit dem "Boandlkramer"
Diesen November soll "Der Boandlkramer und die ewige Liebe" ins Kino kommen. Es passt ein bisschen zu Vilsmaiers "Spitzbübigkeit", die Hauptdarsteller Michael Bully Herbig zum Abschied hervorhob, dass es sein letztes Projekt sein sollte.