Kultur

James Brown: Der Onkel unten aus dem Süden

Das Thema Rassismus hat die USA wieder fest im Griff. Schuld am frisch entflammten Konflikt zwischen Schwarz und Weiß ist – wie könnte es anders sein?! – Donald Trump, der mit seiner Wortwahl, seiner Überheblichkeit tweet für tweet die Spaltung vorantreibt. Seine ausfälligen Meldungen sind in diesem Zusammenhang nichts anderes als Brandbeschleuniger in einem Land, in dem sich trotz der geänderten politischen Vorzeichen nach Ende der Rassentrennung die gesellschaftlichen Gräben zwischen dem Norden und Süden nicht geschlossen haben. Aktuell sieht man das am Hymnen-Protest: Zahlreiche NFL-Spieler knien sich Woche für Woche als Protestgeste während der Nationalhymne nieder. Trump will dieses Verhalten stoppen und ruft zum Boykott auf: "Auch wenn es nur ein Spieler ist – verlasst das Stadion!"

Die Protestaktion, die auf dem aufkeimenden Rassismus und die willkürliche Polizeigewalt gegen Schwarze aufmerksam machen soll, ist eine von vielen in der US-Geschichte, mit der sich der afroamerikanische Autor James McBride seit Jahren beschäftigt. Für seinen dritten Roman "The Good Lord Bird", in dem er die Geschichte eines Sklaven erzählt, erhielt er 2013 den National Book Award.

Seine 2016 veröffentlichte Biografie über den Musiker James Brown (selig!) liegt nun auf Deutsch vor. McBride widmet sich auf 320 Seiten dem "Godfather Of Soul", "Hardest Working Man in Showbiz", "Mr.Dynamite", der laut McBride nur schwer zu fassen sei:

"Kaum ein Popstar trägt so viele Ehrennamen wie der 2006 verstorbene Sänger James Brown. Er ist einer der berühmtesten Afroamerikaner der Welt. Aber auch einer, der oft missverstanden oder falsch dargestellt wurde", schreibt der Autor in seinem fesselnden Porträt.

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Seele

Der Leser begibt sich mit dem Autor auf Spurensuche, vor allem im rückständigen Süden der USA. Er spricht mit Wegbegleitern, Verwandten, Musikern und Ex-Frauen der "Sex Machine".

McBride kommt zum Schluss, dass es niemanden gibt, der afroamerikanisches Leben mehr symbolisiert als James Brown. "Er war unsere Seele. (...) Er war der Onkel aus dem Süden, der plötzlich vor der Tür steht, sich betrinkt, das Gebiss herausnimmt, dich vor deinen Freunden in Verlegenheit bringt und ,Immer schön auf der Schule bleiben!’ grunzt. Aber du liebst ihn. Und du weißt, dass er auch dich liebt."

Das von Skandalen durchzogene, zerrissene Leben von James Brown bietet natürlich reichlich Stoff für Hollywood. Den Drehbuchautoren geht es dabei aber kaum um die Wahrheit. Als Beispiel wird "Get On Up" (2014) angeführt. In diesem Film, so McBride, gehe es nicht um James Brown, sondern darum, wer mehr aus dem Nachlass herauspressen kann. Apropos Nachlass: Brown hinterließ den Großteil (rund 100 Mio. Dollar) der Bildung. Genauer gesagt: armen Kindern in South Carolina und Georgia, denen er damit eine Ausbildung ermöglichen wollte.

Aber: "Zehn Jahre nach seinem Tod hat nicht ein Cent davon auch nur ein einziges armes Kind erreicht", schreibt McBride. Stattdessen werde das Erbe von Anwälten und Politikern verschleudert. Hey, das ist nicht funky!

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James McBride: „Black and proud“ Übersetzt von Werner Löcher-Lawrence. btb Verlag. 320 Seiten. 20,60 Euro.