Wiener Festwochen: Requiem mit Dirigenten Currentzis abgesagt
Von Thomas Trenkler
Milo Rau, neuer Intendant der Wiener Festwochen, ist mit der Idee, die Aufführungen zweier Antikriegswerke gemeinsam in den Vorverkauf zu bringen, gescheitert: Benjamin Brittens „War Requiem“, das Teodor Currentzis am 12. Juni im Burgtheater dirigieren sollte, wurde abgesagt.
Lediglich das Kaddish Requiem „Babyn Jar“ unter der Leitung von Oksana Lyniv wird, wie geplant, am 2. Juni im Konzerthaus aufgeführt. Zusätzlich soll ein ukrainisches Stück komponiert und auch gespielt werden.
Nicht machbar
Rau erklärte, dass „mit den aufeinander folgenden, aber künstlerisch völlig voneinander unabhängigen Aufführungen“ die Frage nach der Verantwortung und nach den „Grenzen der Kunst als utopischem Raum“ thematisiert werden sollte. Es hätte sich aber herauskristallisiert, dass eine Präsentation beider Konzerte „aktuell nicht machbar ist“. Denn Lyniv und Currentzis würden „seit dem Beginn des Angriffskriegs der russischen Streitkräfte gegen die Ukraine zwangsläufig als Repräsentant:innen ihres jeweiligen Landes wahrgenommen“.
Currentzis ist zwar kein Russe, sondern Grieche (geboren 1972 in Athen) und kann daher kaum als „Repräsentant“ Russlands bezeichnet werden. Er arbeitet aber dort, pflegt enge Beziehungen – und hat sich verbal nicht vom Krieg distanziert. Die ukrainische Dirigentin Lyniv will es daher „gegenüber den fast 150 Musikerinnen und Musikern, die aus dem Krieg in der Ukraine nach Wien reisen, nicht verantworten, in einen Kontext mit Teodor Currentzis gestellt zu werden und eventuell sogar an einem Whitewashing teilzunehmen“. Es sei zudem, wie sie gegenüber Crescendo meinte, nicht mit den Festwochen abgesprochen gewesen, dass die Konzerte in Verbindung stehen.
Da das Kaddish Requiem „eine zentrale Position im Programm der Festwochen“ darstelle, hat Rau entschieden, auf das „War Requiem“ mit dem SWR Symphonieorchesterunter zu verzichten: „Wir respektieren Lynivs Wunsch, aktuell nicht in einen inhaltlichen Kontext mit Currentzis gestellt zu werden.“ Die Entscheidung für die Absage des Konzerts mit Currentzis, „den wir als Künstler sehr schätzen“, sei „alternativlos“ gewesen. Die Abstandszahlung an die Musiker bezifferte das Festival mit 75.000 Euro.