Indie-Pop-Duo Dramas: Zwischen Lockdown-Depression und Aggression
Vor einigen Monaten hatte Viktoria Winter, Sängerin des Indie-Pop-Duos Dramas, ein Erstgespräch mit einer Psychiaterin. „Nachdem ich ihr erzählt hatte, worum es geht, fragte sie: ,Brauchen Sie das Drama?’ Darauf ich: ,Meine Band heißt Dramas!’. Sie hat das gar nicht lustig gefunden. Aber ich habe sofort gewusst, unser zweites Album muss ,Dramas’ heißen.“
Das ist soeben erschienen und zeigt Winter und ihren Duo-Partner Mario Wienerroither aggressiver als auf dem melancholischen Debüt „Nothing Is Permanent“ von 2018. Für Winter, die im Lockdown in ein „arges Tief gerutscht“ ist, liegt diese neue Offenheit daran, dass sie eine Schauspielausbildung macht. „Dadurch habe ich gelernt, nicht mehr diese Mauern um mich hochzuziehen wie damals beim Debüt. Denn beim Schauspielen muss man viel von sich einbringen. Für mich ist das nicht in eine andere Rolle schlüpfen, sondern eine andere Vicky ausprobieren.“
Weil sowohl Wienerroither, der Musikproduktion studiert hat und sich gerne von Klassik inspirieren lässt, als auch Winter, die schon als Neunjährige düstere Schlager-Texte in ein Büchlein schrieb, gerne ihren „Dickschädel“ durchsetzen, gab es beim ersten Album viel Streit zwischen den beiden. Und das hat den Bandnamen hervorgebracht.
Jetzt aber kamen einige der Dramen, die sich in den Songs manifestieren, von Außen. „,Bloodbath’ entstand, nachdem mir eine Freundin von einem sexuellen Übergriff erzählt hatte“, erzählt Winter. „Deshalb wollte ich damit erstmal alles Böse verfluchen – auch wenn es in dem Song auch darum geht, wie traumatische Erlebnisse jemanden im späteren Leben beeinflussen.“
Sonst aber geht Winter in ihren Texten auf sich selbst ein. Am berührendsten vielleicht in „Lulladie“, in dem sie das Einschlafen in depressiven Phasen beschreibt: „Das ist einerseits das Schönste, weil man dann nicht mehr denken muss. Andererseits hat man dabei auch Angst vorm Aufwachen, weil man nicht aufstehen will. Das ist ganz schlimmes Gefühl.“
Dass das zweite Dramas-Album flotter ist, liegt für Wienerroither auch an der neuen Art der Kooperation der beiden: „Beim ersten Album hat Vicky die Struktur der Songs am Klavier oder an der Gitarre erarbeitet, und ich habe sie musikalisch umgesetzt. Jeder hat für sich im eigenen Seelenfrieden gearbeitet. Jetzt haben wir alles gemeinsam gemacht, gejammt, Rhythmen geklopft und dazu gesungen. Da sage ich dann schon mal zu Vicky: ,Nein, so kannst du das nicht machen!’ Dann wird sie richtig grantig. Wir haben uns gegenseitig schon sehr angetrieben.“