Heile Welt und starke Emotionen
Von Christoph Silber
Walter Köhler hat richtig Stress. "Wir werden erneut eine Produktion mit Leonardo di Caprio als Executive Producer umsetzen. Das wird eine sehr, sehr schnelle Nummer, weil es bereits Anfang Oktober einen riesigen Dreh gibt", erzählt der – positiv – Gestresste, seines Zeichens CEO der auf hochwertige Dokus für TV, Kino und Plattformen spezialisierten Terra Mater Factual Studios.
Es geht um den Vaquita. Die durch illegalen Netzfang auf 30 Exemplare dezimierte kleinste Walart lebt im Golf von Kalifornien. Für sie hat di Caprios Stiftung ein Hilfsprojekt gestartet. Nun sollen Kampfdelfine der US-Navy die letzten Vaquita zur Forschungsstation in eine abgesperrte Bucht bringen. Gelingt das nicht, ist man mit der Kamera beim Aussterben einer weiteren Spezies dabei.
Botschaft
Es geht also um etwas. Und das ist Köhler wichtig. Wie schon bei der vielfach preisgekrönten und für die Oscar-Shortlist nominierten Kino-Doku "The Ivory Game", die den illegalen Elfenbeinhandel thematisierte. "Das Ziel des Films war von Anfang an, gegen den illegalen Elfenbein-Schmuggel mobil zu machen und ein Verbot in China durchzusetzen." Was auch gelang. So nebenbei gewann der aufrüttelnde Film beim Beijing Film Festival.
Wichtige Partner geworden sind bei den für den weltweiten Vertrieb gedachten Produktionen neben Prominenten wie di Caprio und der Vulcan Productions von Paul Allen, der Nummer 2 von Microsoft, auch Netflix, das "The Ivory Game" weltweit – auch in China – zeigt. "Streaming-Plattformen investieren, wie das Kino, sehr viel ins Marketing. Sie sind stark darin, die Konsumenten zu involvieren und erlauben andere Zugänge und eine emotionalere Erzählweise als das normale Fernsehen." Für Netflix arbeitet man derzeit an einer sechsteiligen Doku und mit Amazon ist man ebenfalls im Gespräch.
Doch auch das "normale" Fernsehen ändert sich: "Mehr denn je gefragt" ist die heile Welt, aber es wird ehrlicher und die Realität hält langsam Einzug. Und die Erzählweise nähert sich der normalen Serie an, Cliffhanger inklusive.
Preisregen
Köhler, der "Universum" im ORF aufgebaut hatte, hat mit seinem damaligen Team die Terra-Mater-Studios vor sieben Jahren mit Red-Bull-Unterstützung gegründet. Im Hauptbereich Natur, Geschichte und Wissenschaft sind bisher 130 Produktionen entstanden. Viele davon wurden ausgezeichnet (185 Awards). Bei den "Oscars der Naturfilmer" in Jackson Hole ist man elfmal, u.a. mit dem von Sir David Attenborough präsentierten "Leuchtfeuer des Lebens", nominiert – öfter als die BBC. Köhler: "In der Produktion sind die Terra Mater Factual Studios die Nummer eins weltweit, was mich natürlich sehr freut."
Und was kommt noch? Das Produktionsvolumen wird 2018 auf 150 anwachsen. Nach "Wie Brüder im Wind" sind zwei Kinofilme in Vorbereitung. Und "es wird mit Sicherheit bald eine Terra-Mater-Streaming-Plattform geben, aber die muss ja nicht uns gehören. Es gibt genug, die das mit ihren Algorithmen besser machen."