Goldener Schnitt: Monika Willi, ROMY-Gewinnerin, im Interview
Von Georg Leyrer
Bei der KURIER Branchen-ROMY werden am Freitagabend im Gartenbaukino jene Menschen ausgezeichnet, die hinter der Kamera für die hohe Qualität des heimischen Film- und Fernsehschaffens sorgen: Preise gehen u. a. an die Kameramänner des Kinofilms „Der Fuchs“, an Florian David Fitz für das Drehbuch zu „Oskars Kleid“ oder die Musikerin Lylit für den Soundtrack zu „Eismayer“.
Der Preis der Jury geht an Monika Willi: Die Schnittmeisterin hat mit Michael Haneke, Michael Glawogger und vielen anderen gearbeitet – und war heuer für ihre Arbeit am Film „Tár“ (mit Cate Blanchett als Dirigentin) für einen Oscar nominiert. Erfahren hat sie davon, erzählt sie nun im KURIER-Gespräch, gleichzeitig mit allen anderen – beim Livestream, mit dem die Nominierungen bekannt gegeben werden.
Und was passierte dann? „Ich konnte es nicht glauben“, sagt Willi. „Es ist zweischneidig: Einerseits ist es die größte Ehre, die einem zuteilwerden kann. Auf der anderen Seite ist es mit irre vielen Verpflichtungen verbunden, die sehr zeitraubend waren.“
Aber ist das für die Karriere gut? Kommen dann viele Angebote aus den USA? „Es gibt derzeit keine internationalen Projekte, da die amerikanische Filmindustrie durch den Streik zum Stillstand gekommen ist. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte die Auszeichnung wohl anderes bewirkt, aber derzeit ist alles überschattet von diesen Streiks.“
Bei denen fordern die Drehbuchautorinnen und -autoren sowie Schauspielerinnen und Schauspieler mehr Geld, aber auch Schutz vor Verdrängung durch Künstliche Intelligenz und digitale Verwendung ihres Äußeren.
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Das klingt immer noch ein bisschen nach Science-Fiction, ist es aber nicht. Schon bei den jüngsten Filmen, an denen Willi gearbeitet hat, sind derartige digitale Schauspielavatare verwendet worden: „Bei ‚Tár‘ wurden in den großen Konzertsaal in die ersten zwei Reihen Statisten gesetzt, die anderen Reihen waren leer. Und die wurden aufgefüllt mit digital eingesetzten Gesichtern. Weil es viel billiger ist, das zu machen, als wirkliche Menschen zu holen.“
Man müsse sich „das vorstellen: Unterbezahlte Schauspieler sollen sich für 150 Dollar einscannen lassen, damit sie dann in den Filmen irgendwo im Hintergrund aufscheinen. 150 Dollar für eine lebenslange Verwendung – das geht einfach nicht! Das ist existenzbedrohend.“ Auch im Bereich Schnitt – etwa in der Nachrichtenerstellung – könnte die KI übernehmen. Aber „dramaturgische Arbeit kann, so glaube und hoffe ich, die KI so bald nicht ersetzen“.
Willi ist insbesondere durch ihre Zusammenarbeit mit Michael Haneke („Das weiße Band“) bekannt, sie arbeitete auch an Filmen wie „Nordrand“, „Wilde Maus“ oder „Styx“. Als profilierte Editorin ist sie schon beim Dreh eingebunden: Sie erstellt Rohschnitte dessen, was am Set gedreht wurde, damit die Regisseure sich versichern können, das richtige – und ausreichend – Material geschossen zu haben.
Leidenschaft
Am Ende der Produktion dann gibt es einen, oft in enger Zusammenarbeit mit der Regie, ausführlichen Prozess, in dem der Film endgültig geschnitten wird – einer der entscheidenden und wichtigsten Momente bei jedem Filmprojekt. „Der dauert viele Wochen, Monate, je nachdem.“
Viele Regisseurinnen und Regisseure überlassen es dabei den Editoren, sogar die Takes – also die Version einer mehrfach gedrehten Szene, die dann in den Film kommt – auszuwählen. „Das könnte ich nicht abgeben, wäre ich Regisseurin!“, sagt Willi, die selbst zuerst Kamerafrau werden wollte, „um festzustellen, dass das weder mein Talent, noch meine Persönlichkeit ist“. Schnitt entspreche ihr „sehr viel mehr und wurde eine große Leidenschaft“.
Eines aber könne sie nicht: Filme, die sie geschnitten hat, ohne professionellen Blick anzuschauen. „Ich sehe die bei der Arbeit Hunderte Male“, sagt sie. Wenn sie einen fertigen Film wieder anschaue, könne sie „auch nach vielen, vielen Jahren noch laut mitsprechen. Man hat die Krisen, Entscheidungsmomente noch im Kopf. Das ist vollgepackt mit persönlichen Erinnerungen.“