Wie "Jacobowsky und der Oberst" entstand
Von Georg Markus
Der Wiener Schriftsteller Franz Werfel und seine legendäre Frau Alma hatten eine abenteuerliche Flucht hinter sich, als sie 1940 über Frankreich und Portugal in Amerika eintrafen. Werfel hatte im Gegensatz zu vielen anderen jüdischen Emigranten das Glück, ein arrivierter Schriftsteller zu sein, und so wurde er in den USA mit offenen Armen empfangen. Dort entstand auch sein Stück "Jacobowsky und der Oberst", das am Donnerstag im Theater in der Josefstadt Premiere feiert.
Das Ehepaar Werfel traf in Los Angeles den Regisseur Max Reinhardt, dem sie von ihrer Flucht vor Hitler erzählten. Franz und Alma Werfel berichteten auch von ihrer Station in dem Wallfahrtsort Lourdes, wo sie den deutschen Bankier S. L. Jakobowitz kennen lernten, der in Begleitung eines polnischen Offiziers namens Stjerbinsky reiste.
Nur gerade Straßen
"Jakobowitz hatte sich in Paris ein Auto gekauft", scheibt Alma Mahler-Werfel in ihren Memoiren. Der Oberst behauptete, fahren zu können und bot sich als Chauffeur an. "Es zeigte sich indessen bald, dass er nur auf gerader Straße und keine Kurven fahren konnte. Irgendwie setzten die beiden dennoch die Flucht fort, wobei sie sich meist ein elendes Zimmerchen teilten." Jakobowicz musste oft vor der Tür warten, da der Oberst sich im Zimmer gerne mit Damenbekanntschaften vergnügte.
Max Reinhardt überredete Werfel, ein Stück zu schreiben, das die Flucht des ungleichen Paares erzählt. Werfel war vorerst dagegen, stimmte dann aber zu und baute sogar eigene und Erlebnisse seiner Frau während der Flucht in die Handlung ein.
Während der katholische Oberst dem jüdischen Bankier gegenüber anfangs Abneigung entgegenbrachte, wandeln sich die Gefühle im Lauf des Stücks zu echter Zuneigung. So zeigt es auch auf, dass Antisemitismus oft aus purer Unkenntnis entsteht.
Die Geschichte des Paares, das Werfel dann – etwas abgewandelt – "Jacobowsky und der Oberst" nannte, hat durchaus komödiantische Züge, die in die dramatische Flucht eingebettet sind. Schließlich befinden sich die beiden Hauptfiguren ständig in tödlicher Gefahr: Jacobowsky als Jude, der Oberst, weil er im Besitz geheimer Papiere ist.
Ein Welterfolg
Regie in der Aufführung des Theaters in der Josefstadt führt Janusz Kica. Johannes Silberschneider spielt Jacobowsy, Herbert Föttinger den Oberst, weiters wirken mit Marianne Nentwich, Therese Lohner, Michael Schönborn, Matthias Franz Stein u.a.
Franz Werfel starb 1945 in den USA im Alter von 54 Jahren. "Jacobowsky und der Oberst" sollte sein letztes Stück sein und wurde insbesondere in der Verfilmung mit Danny Kaye und Curd Jürgens ein Welterfolg. Der deutsche Literaturpapst Marcel Reich-Ranicky schrieb über die Figur des Jacobowsky: "In diesem Porträt erkennen wir auch ihn selber, den Dichter Franz Werfel."