Kultur

Filmkritik zu "Juliet, Naked": Mein Freund, der Fan

Der Boyfriend ist ein Fan. Und was für einer. Er heißt Duncan, ist Brite und verehrt kultisch einen amerikanischen Singer-Songwriter namens Tucker Crowe. Crowe nahm Anfang der 90er-Jahre einige Indie-Rock-Platten auf und verschwand dann in der Versenkung. Doch Duncan weiß alles über Tucker Crowe. Im Keller hat er eine Art Fan-Altar aufgebaut, wo er seinem Idol mit Platten und Postern huldigt. Zusätzlich betreibt er ein Onlineforum, sammelt akribisch Daten und Fakten und tauscht sich manisch mit anderen Fanboys aus.

Duncans Freundin Annie kann den Namen Tucker Crowe nicht mehr hören. Irgendwann reißt ihr der Geduldsfaden und sie postet auf Duncans Website eine vernichtende Kritik zu einer alten Aufnahme von Crowes letztem Album „Juliet“. Dafür bekommt sie eine zustimmende Zuschrift zu ihrem Posting. Und siehe da, die stammt von Tucker Crowe selbst.

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Tote Beziehung

Die fanatische Liebe eines Mannes zur Popmusik hat Nick Hornby bereits in seinem Bestseller „High Fidelity“ trefflich beschrieben. In „Juliet, Naked“ nimmt er nun die Perspektive von dessen Freundin ein. Und die ist mit Rose Byrne in der Rolle der frustrierten Pop-Witwe in einer toten Beziehung herrlich bedient. Byrne bringt als Annie beste Balance zwischen Komik und Melancholie in ihre Midlife-Crisis, auf deren Höhepunkt sie auf Tucker Crowe trifft.

Und auch Tucker Crowe in Form von Ethan Hawke ist große Klasse. Mit gesträubtem Ziegenbärtchen und weicher Mitte entspricht er keineswegs dem Idealbild des charismatischen Popstars, doch das Glitzern in seinen Augen ist immer noch umwerfend. Abgehalftert lebt er in der Garage seiner Ex-Frau mit dem Fernseher zusammen und ist der Kinderschar, die er in glanzvolleren Zeiten gezeugt hat, kein sonderlich guter Vater. Doch die Begegnung mit Annie – und seinem Fan Duncan – schlagen wunderbare Screwball-Funken und lassen „Juliet, Naked“ aus dem Mainstream der romantischen Komödien heraus leuchten.

INFO: GB/ USA 2018. 97 Min. Von Jesse Peretz. Mit Ethan Hawke, Rose Byrne, Chris O’Dowd.

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