Kultur

"Viel zu viel Blut"

Man darf auf keinen Fall „Spaghetti-Western“ sagen. Ennio Morricone mag es gar nicht, auf das Genre reduziert zu werden, das ihn so berühmt gemacht hat – und umgekehrt: Filme wie „Für eine Handvoll Dollar“ oder „Spiel mir das Lied vom Tod“ hätten ohne ihn nicht ihren Kultstatus.

Nun erhält der Filmkomponist, der in der kommenden Woche 85 wird, für seine Musik zum Film „The Best Offer – Das höchste Gebot“ von Giuseppe Tornatore den Europäischen Filmpreis. Im Februar kommt Morricone nach Wien und wird unter dem Titel „50 Years of Music“ mit einem 160-köpfigen Orchester und einem Chor in der Stadthalle Jubiläum feiern.

KURIER: Herr Morricone, gehen Sie gerne ins Kino?
Ennio Morricone: Wenn ich einen Film sehe, der mir gefällt, habe ich Angst, davon beeinflusst zu werden. Und wenn ich Musik höre, die mir nicht gefällt, dann werde ich wütend. Es gibt unheimlich viele Dilettanten, die sich Filmmusik zutrauen.

Ist es ein Problem für Sie, immer mit dem Western-Genre assoziiert zu werden?
Nicht, solange man meine anderen Werke kennt. Einer meiner größten Erfolge ist „Mission“. Mit Leuten, die das nicht wissen, habe ich ein großes Problem.

Sie haben es immer abgelehnt, Englisch zu lernen. Als Hollywood Ihnen eine Villa anbot, sind Sie in Rom geblieben. Mögen Sie Amerika nicht?
Ach, ich habe einfach immer lieber in Rom gearbeitet. Die Amerikaner können ja auch hierher kommen.

Was halten Sie eigentlich von Quentin Tarantino? Sie haben sich zuletzt nicht sehr freundlich über Ihn geäußert.
Tarantino hat Talent für die richtige Musik , und er hat gute Filme gemacht. „Inglourious Basterds“ ist ein Meisterwerk. Es ist nur so, dass in „Django unchained“ viel zu viel Blut vorkommt. Ich finde das beunruhigend. Wenn Tarantino mit weniger Blut arbeitet, gefällt mir das besser.

Bei Tarantino ist immer viel Blut.
Ja, aber in „Django“ war wirklich viel.

Würden Sie Musik für einen Film machen, der Ihnen nicht gefällt?
Signora, Sie müssen eines verstehen: Wenn man mir den Film zeigt, dann ist er ja nicht fertig. Also kann ich kein endgültiges Urteil abgeben. Wenn ich Musik komponiere, versuche ich immer, den Film zu verbessern. Verstehen Sie, was ich meine?

Ja.
Bravo! Hervorragend!

Tarantino hat mit „Django“ Wagner für sich entdeckt hat. Man sagt ja immer, dass Wagner einen großen Einfluss auf Filmmusik hat. Auch auf Sie?
Ich bin nie seiner Faszination erlegen. Auf meinem gesamten Werk ist nicht der kleinste Schatten von Wagner. Ich liebe Johann Sebastian Bach. Auch Strawinsky hat mich beeinflusst.

Viele Künstler aus anderen Genres haben Ihre Musik verwendet. Ramones, U2, oder Metallica, die seit 30 Jahren jedes ihrer Konzerte mit Ihrer Komposition „Ecstasy of Gold“ eröffnen. Wie gefällt Ihnen das?
Sehr gut. Was Metallica machen, gefällt mir sehr, sehr gut. Anderes weniger. Aber ich kann mich nicht an die Namen erinnern.

Was denken Sie, wenn Sie heute Ihre größten Filmerfolge sehen? Sind Sie ein bisschen stolz?
Nein, ich denke mir immer, was ich hätte anders machen sollen.

Sie sind nie zufrieden?
Nein, man kann immer etwas besser machen.