Kultur

Elon Ganor: Die Wall Street bar jeder Illusion

Das Bild könnte einem Märchen entspringen. Ein weißer Schimmel, mitten in der Großstadt. Unter ihm ein Mann im Anzug. "Der gefallene Prinz" könnte es vielleicht heißen. Es könnte die Geschichte dieses Mannes erzählen. Wie er immer nur vom großen Geld geträumt hat und tatsächlich schnell zu Reichtum gekommen ist - und jetzt vom Schicksal abgeworfen wurde. Es ist die Geschichte eines Tyrannen. Es ist die Geschichte der Wall Street, die Elon Ganor in dem Bild verarbeitet hat.

Ein bisschen ist es vielleicht auch seine eigene Geschichte. Und die ist tatsächlich (fast) ein Märchen. Als junger Unternehmer eines erfolgreichen Unternehmens (Gabor ist dafür verantwortlich, dass wir übers Internet telefonieren können) kam er früh zu Geld. Seine Firma VocalTec ging 1996 an die Börse, wurde innert kürzester Zeit zur heiß gehandelten Aktie. Um eine Milliarde wurde sie an der Nasdaq während der Dotcom-Blase gehandelt, nur um 2005 mit einem für "recht wenig Geld und nur noch 30 Angestellten", wie Elon Gabor heute sagt, an eine andere Firma verkauft zu werden.

Ein wilder Ritt, einmal die Wall Street hinauf und wieder runter, auf dem Elon Ganor vor allem ihre Untiefen entdeckt hat: "An der Wall Street arbeiten lauter Soziopathen", sagte er zu Spiegel Online.

Seine Kritik äußerte er ab 2005 mit seiner Serie "Wall Street". "Ich hätte auch ein Buch schreiben können, aber ich wollte mich durch meine Bilder ausdrücken", erklärt der 64-jährige im Interview mit dem KURIER. Die Serie wurde erstmals 2008, nur drei Wochen bevor Lehmann Brothers bankrott und das weltweite Finanzsystem in die Luft ging, in seiner Heimat Tel Aviv gezeigt.

Nach New York schaffte es Ganor mit seinen Bildern nie. "Schau, ich habe so viele Banker als Kunden, die kann ich nicht verärgern" hätte die typische Antwort von Galeristen gelautet.

Inzwischen hat sich Ganor, der 1950 als Sohn einer österreichischen Mutter in Genf geboren wurde, von seinem Geschäft zurückgezogen. Die neue Privatheit zeigt sich auch in seiner jüngsten Fotoserie. In "The Box" wirft er einen verstohlenen Blick auf Plätze in seiner Heimat Tel Aviv und New York. Fotografiert hat er dafür durch eine enge Holzkiste. Die Außenwelt fast ausgeschlossen.

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Zur Person
Elon Ganor wurde 1950 in Genf geboren und wuchs in Tel Aviv auf, wo er Medizin studierte. Er gilt als einer der Pioniere der Internet-Telefonie. Seine Firm VocalTec war in den 90er-Jahren federführend an der Entwicklung von "VoIP" - "Voice over IP" beteiligt. 1996 ging die Firma an die Börse. 2006 zog er sich als Vorstand von VocalTec zurück, widmete sich verstärkt seiner Karriere als Künstler. Seine Serie "The Wall" war u.a. im Israel Museum in Jerusalem ausgestellt.

elonganor.weebly.com