Kultur

Die Liebe zum gedruckten Wort

Vor dem Fenster beugen sich die Bäume und verlieren ihre letzten Blätter. Was gibt es Feineres? Und wir? Blättern um. Bestenfalls bis zur letzten Seite. Dann greifen wir zum nächsten Druckwerk: Jahr für Jahr erscheinen 100.000 Bücher in deutscher Sprache. In vielen ist ab 22. November bei der "Buch Wien" im Prater zu lesen. Mit 280 Ausstellern ist die Messe im 5. Jahr ihres Bestehens erneut gewachsen.

Autorenauftritt

Ebenso beachtlich ist die zum Auftakt der Messe stattfindende Lesefestwoche. Von 19. bis 25. November reisen Autoren nach Wien, um an verschiedenen Orten ihre jüngsten Schriftstücke vorzustellen – u. a. in Buchhandlungen, Büchereien und in der Nationalbibliothek.

Zu all dem gibt der Wiener Buchhandel unter dem bewährten Motto "Eine Stadt. Ein Buch." ab 22. November, 12 Uhr, bis 28. November Eine Hand voller Sterne von Rafik Schami aus. 100.000 Exemplare sind kostenlos. Zuschlagen ist leicht gemacht: Wien ist in Europa die Stadt mit der höchsten Buchhandelsdichte.

Die Liebe zum gedruckten Wort hat freilich immer und überall Saison. Ein Verleger, eine Bibliothekarin und ein Buchhändler erklären die faszinierenden Seiten am Buch.

Er hat sich aufs Verlegen verlegt

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Haptikfan. Seit dreißig Jahren ist Ulrich Winkler-Hermaden in der Buchbranche tätig, seit vier Jahren leitet er seinen eigenen Verlag. Edition W-H ist ein Ein-Mann-Betrieb mit vielen Zuarbeitern – Layouter, Lektoren, Buchhalter, Fotografen, nicht zuletzt Autoren. "Ausstattung und Optik der Bücher waren mir immer schon wichtig", sagt der Wahl-Weinviertler, der sich mit seinen Büchern der Region und Wien verschrieben hat und schwärmt: "Es ist schön, über ein Buch zu streichen." Seine Spezialität sind Leporellos, die sich bis zu 5,60 m ausklappen lassen. In Kürze erscheint Rundblick vom Stephansturm. "Verleger nützen den Geruchssinn und den Tastsinn noch nicht optimal aus", bedauert der Profi. Hier können eBooks nicht mithalten.

"Das Lesen ist durch andere Medien sehr unter Druck geraten", sagt Winkler-Hermaden und wagt einen Blick in die Zukunft: "600-Seiten-Schmöker werden es wohl schwerer haben."

Sie hat sich Kinderbüchern verschrieben

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Vielleserin. Die Leiterin der Kinderbücherei in der Hauptbibliothek Wien ist mit Büchern aufgewachsen. Jetzt vermittelt Barbara Eichinger den Kleinen die große Welt des Lesens. Mit einer sorgfältigen Auswahl an bedruckten Seiten , mit einem Sortiment von mehr als 40.000 Büchern und bunten Veranstaltungen lockt die Pädagogin Leseratten und -muffel in die Bibliothek am Urban-Loritz-Platz. "Ich verbringe viel Zeit vor dem Computer. Um zu sehen, was es auf dem Markt Neues gibt", sagt die Vielleserin, die zuletzt über den dritten Band der Kurzhosengangschmunzelte: "Sind Affinität und Lesekompetenz vorhanden, findet jeder schnell das Buch, das ihm gefällt." Und: "Bibliotheken faszinieren wegen der großen Menge an Büchern und der Fülle an Welten, die sich darin erschließen." Eichinger ist überzeugt: Noch lange wird das Blättern für Erwachsene Gewohnheit bleiben, der Druckbuchstabe Kinder in die Welt des Lesens verführen.

Er liest vieles in den Augen der Kunden

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Buchgourmet. Kettner gegen Handels-Ketten: Walter Kettner , Buchhändler in Wien-Floridsdorf, ist ein schönes Beispiel dafür, dass es auch im Kleinen geht. Sein gut sortiertes Geschäft im Amtshaus am Spitz ist eine Erfolgsstory. Die Umsatzzahlen steigen zwar nur sanft, dafür stetig.

Sein Erfolg kommt nicht von ungefähr: Er weiß genau, wovon er spricht. "Ich lese für mein Leben gerne." Und er weiß auch genau, was seine Stammkunden gerne lesen. Der Buchhändler freut sich jedenfalls, dass er sich einen Traum erfüllen konnte. Und gute Bücher unter das Volk bringen kann. Gut kann ein Buch aus seiner Sicht übrigens auch dann sein, wenn es nicht auf Bestseller-Listen steht und sich nicht in Shopping Malls meterhoch türmt.

Mit guten, für ihn spannenden Büchern ist er auch aufgewachsen: "Meine Mutter hat gerne gelesen. Und beim Großvater habe ich mich oft tagelang in das Kammerl mit dem Bücherschrank zurückgezogen."

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