Mörbisch: Sächsische Charmeoffensive
Von Peter Jarolin
Wie heißt es an einer Stelle in Carl Millöckers „Bettelstudent“ doch so schön? „Nur das Eine bitt’ ich Dich: Liebe mich!“ Ja, Dagmar Schellenberger will geliebt werden und absolut alles richtig machen bei den See.Fest.Spielen (sic!) Mörbisch. Sie werde ihre Liebe, ihre Kraft und ihr Leben ganz in den Dienst der See.Fest.Spiele stellen – das versprach die neue Intendantin bei dem mit Polit-Prominenz (und Reden) gespickten Eröffnungsakt zum Auftakt ihrer Intendanz.
Viel Neues
Und ja, vieles ist neu am Neusiedler See, wo man die 20-jährige Ära von Harald Serafin mehr als krampfhaft totschweigen will. Warum eigentlich? Serafin war Serafin, und Schellenberger ist Schellenberger – die neue, mit Vorschusslorbeeren bedachte, Chefin darf sich von nun an selbst beweisen und hat auch schon erste Akzente gesetzt. Einiges wurde umgebaut, die Gastronomie wurde teils auf neue Beine gestellt, es gibt zusätzliche Cafés, einen Shop. Dafür keine TV-Liveübertragung mehr, aber mit Dirigent Rudolf Bibl das erste offizielle Ehrenmitglied der See.Fest.Spiele.
Badeschluss
Künstlerisch relevant: Das Orchester spielt nicht mehr in der sogenannten „Badewanne“ im Inneren der Seebühne, sondern wie etwa in Bregenz in einem eigenen Probenraum. Das kommt – auch dank der sehr feinen Tontechnik – der Operette zugute. Womit wir endgültig bei Carl Millöckers „Bettelstudent“ gelandet sind, der musikalisch mehr, szenisch etwas weniger überzeugt.
Regisseur Ralf Nürnberger nimmt das 1882 uraufgeführte Werk ernst, bierernst. Auf Augenzwinkern, auf Ironie oder spielerische Leichtigkeit gibt Nürnberger weniger. Er setzt die Geschichte rund um das von den Sachsen besetzte Krakau anno 1704 auf der den See meist verdeckenden Bühne (Yadegar Asisi) dennoch souverän um.
Szenenfotos aus "Der Bettelstudent"
Da wird in Uniformen, Reifröcken und Perücken-Ungetümen (Kostüme: Susanne Thomasberger) gesächselt, kalauert, geliebt und intrigiert, was das Zeug hält. Manche Gags zünden; andere sind einfach plump. Ein paar Striche bei den Dialogen hätten tempomäßig auch nicht geschadet. Vor allem, da Renato Zanella mit seiner Choreografie nicht allzu viel an Flottheit oder Ideen einbringt. Dass das Ganze insgesamt funktioniert, liegt vor allem an der Musik.
Dagmar Schellenberger kann also zufrieden sein; das Publikum auch. Denn entgegen anderer Ankündigungen gab es auch ein Feuerwerk, Wasserspiele inklusive. Neu-Mörbisch kann warten.
KURIER-Wertung: **** von *****