Kultur

Das "Ring"-Wunder geht weiter

Darf man eine Prophezeiung wagen? Von diesem "Ring des Nibelungen" werden die Wiener Opernfans noch in Jahren schwärmen. Der Hauptgrund dafür: Dirigent Christian Thielemann und das in jeder Phase philharmonisch aufspielende, fabelhafte Orchester. Schon bei "Rheingold" und "Walküre" hatten Thielemann und die Musiker im Graben Maßstäbe gesetzt; auch bei "Siegfried" klang alles atemberaubend gut. Wie Thielemann kleinste Details zum Klingen bringt, wie er dennoch einen hoch dramatischen Wagner-Kosmos erstehen lässt, wie er die Sänger auf Händen trägt und im stets richtigen Moment Wagners Klangfluten rauschen lässt - das ist einzigartig und grandios.

Aber: Zwar macht Thielemann den großen Unterschied aus, doch verstecken muss sich die Staatsoper auch bei der Sängerbesetzung nicht. Im Gegenteil. So ist Stephen Gould ein extrem lyrischer, dabei kraftvoller, herrlich phrasierender und die enorm schwerre Partie tapfer durchstehender Jung-Siegfried, der keine Wünsche offen lässt.

Albert Dohmen gibt einen wortdeutlichen, schön und klug singenden Wanderer, Tomasz Konieczny ist ein präsenter, intensiver Alberich. Als Mime brilliert Wolfgang Schmidt mit Verschlagenheit und kammermusikalischem Ton.
Linda Watson - sie war kurzfristig eingesprungen - bleibt als Brünnhilde nichts schuldig; Anna Larsson als exzellente Erda und Ain Anger als sonorer Fafner füllen ihre Rollen gut aus. Nur Chen Reiss als Waldvogel könnte mehr vokale Höhenflüge wagen.