Kultur

"Das Konzert": Betriebsausflug ins Lustspiel

Hermann Bahrs Komödie "Das Konzert", 1909 uraufgeführt, kann man heute nicht mehr spielen. Zu ranzig riecht diese Geschichte rund um reumütig in die warmen Hauspatschen der Ehe zurück schlüpfende Seitenspringer.

So war es hinter vorgehaltener Hand auch im Burgtheater zu hören. Warum man das Stück trotzdem spiele: Weil dem Komödien-Spezialisten Felix Prader ein "heutiges" Konzept eingefallen sei, den Text zu hinterfragen.

Nach Ansicht der Premiere im Akademietheater ist zu sagen: Alles ein Schmäh. In Wahrheit geht es darum, dem Burgtheaterpublikum (und den Burgtheaterschauspielern) einmal einen total ausgeflippten Betriebsausflug ins Lustspiel zu erlauben: Einmal verrückt sein und aus allen Zwängen fliehen. Lustigerweise ist das eine Idee, von der der aus dem Haus gejagte Direktor Matthias Hartmann oft sprach: Komödie ohne Hemmungen, aber mit den Mitteln des Burgtheaters umgesetzt.

Falls das das Ziel war, wurde es erreicht: das Publikum klopft sich die Schenkel zu Brei. Jede Wette, die Aufführung wird ewig und drei Tage ausverkauft laufen.

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Im Mittelpunkt von "Das Konzert" steht eine paradoxe Intervention: Der berühmte Pianist Gustav Heink ersteigt mit seiner neuesten Eroberung Delfine Jura eine verschwiegene Berghütte, um dort auch die Dame zu erklimmen. Die betrogenen Partner reisen ihnen hinterher, um ihnen zum Schein einen Ehepartnertausch anzubieten, was die Seitenspringer rasch zur Räson bringt: Aus dem Ausnahmezustand Alltag zu machen, fühlt sich nicht sehr verlockend an.

Zu Beginn wirkt der Abend tatsächlich so, als wolle sich der Regisseur mit intelligenten Mitteln über die altmodische Komödie lustig machen: Im Pappkarton-Bühnenbild von Werner Hutterli liefert Liliane Amuat eine wunderhübsche Parodie auf ein hysterisches Hausmädchen ab, und Peter Simonischek als Klavier-Star entwirft eine herrliche Karikatur eines alternden Eitlen.

Geschmeidig

Nach diesem frechen Beginn bescheidet sich die Aufführung jedoch rasch damit, eine geschmeidige Boulevardkomödie zu sein. Aber immerhin eine Komödie, in der Regina Fritsch als einmal zu oft Betrogene, die um ihre Würde kämpft, und Florian Teichtmeister als wie aus einem Nestroy-Stück gefallener, sich dumm stellender Betrogener, der als einziger einen Hauch von Durchblick hat, Glanzlicher setzen.

Peter Simonischek und Stefanie Dvorak als Seitenspringer blödeln auf technisch hohem Niveau. Branko Samarovski und Barbara Petritsch als alpines Hüttenwirte-Paar spielen Löwingerbühne auf Burgtheaterniveau (das ist ein durchaus sehenswertes Kunststück). Alina Fritsch ist als intrigante Klavierschülerin eine gelungene Parodie auf Shakespeares Puck.

Jubel und Bravos.

Stück Hermann Bahrs "Das Konzert" ist eine aus heutiger Sicht erstaunlich zahme Komödie um den Widerspruch zwischen ehelicher Geborgenheit und dem Lockruf des Abenteuers, in geschmeidigem Konversationston verfasst und mit durchaus nestroyhaftem Wortwitz durchsetzt.

Inszenierung Ansätze zu einer klugen, parodistischen Hinterfragung dieser Geschichte und ihrer Moral werden bald zugunsten des Lacher-Absammelns zurückgestellt. Auch der Verführung zum Schwank konnte man kaum widerstehen. Gespielt wird aber sehr, sehr gut.

KURIER-Wertung: