Kultur

Comedian Tufts: "Die USA sind ein Zombieland"

Gayle Tufts wurde in den USA geboren und lebt seit 25 Jahren in Berlin. Mit ihren zweisprachigen, "denglischen" Shows machte sie sich einen Namen. Jetzt versucht sie in ihrem aktuellen Programm "Superwoman" mit Musik und Tanz eine Völkerverständigung, konkret: dem ratlosen Europa das plötzlich so fremd gewordenen Amerika näher zu bringen.

Wien ist für sie das "Miami des deutschsprachigen Raumes". Und im Stadtsaal, wo sie am 12. April ihre Show "Superwoman" aufführen wird, erklärt die Entertainerin, dass alles, was mit einem Song von David Hasselhoff beginnt , nicht gut ausgehen kann, warum die USA ein Zombieland sind und wie man Trump am besten beschreiben kann.

KURIER: Wie geht es Ihnen mit Trump, der jeden Tag Neues von sich gibt?

Gayle Tufts: Seit November sind wir alle deprimiert. Meine Freunde und Familie in den USA haben seit November nur gegessen und getrunken. Life ist zu schrecklich, nicht Pasta und Cake zu essen. Sie haben mindestens fünf Kilo zugenommen. Jetzt sind alle auf Diät, weil sie stark für den Widerstand sein möchten. Ich fliege bald in die USA, und bin schon jetzt für zwei Demos verabredet, für Lehrer und Krankenpfleger, das sind sowieso die wirklichen Helden. Alle ziehen sich die Schiunterwäsche an und wissen, Samstag ist Demotag. Auch die Show hat eine ganz neue Bedeutung bekommen. Auf der Bühne darf ich schreien, kotzen, heulen und lachen. Ich bin gerne ein Ventil, das hilft dem Publikum und mir.

Hat sich das Programm verändert?

Nein, nicht das, was ich geschrieben habe, sondern die Umstände. Wir brauchen alle täglich diese Kraft, um nicht an den Politikern zu verzweifeln. Wir sollten uns da etwas von den deutschen Omas abschauen, die sagen "Komm jetzt Kind, an die frische Luft, morgen ist noch ein Tag, mach weiter!" Diese Energie brauchen wir. Wir haben wirklich alle gedacht, dass wir es geschafft hätten, als die Berliner Mauer fiel. Friede, Freude, Eierkuchen für alle. Aber wir sollten wissen, alles was mit einem Soundtrack von David Hasselhoff begonnen hat, wird nicht gut ausgehen. Mein Job ist, dass sich die Leute nach meiner Show bestärkt fühlen. Dass sie vielleicht doch die Zeitung lesen oder über Politik reden und auf eine Demo gehen, anstatt auf Facebook zu sein. Deshalb mag ich den Begriff "der innere Superheld". Wir haben Kraft, auch wenn wir alle ein bisschen an uns selbst zweifeln. Get out of the Zweifel!

Wenn die Politik Show ist, werden dann Entertainment- und Satire-News noch wichtiger?

Ja, denn was ist real? Wir in Europa sagen immer, Trump ist ein Immobilienmogul. Aber er war in Wirklichkeit ein Reality-TV-Star. Ich vergleiche Trump immer mit einer unheimlichen Mischung aus Dieter Bohlen, Dagobert Duck und einem Pegida-Anhänger. Die Leute finden es toll, dass jemand von außerhalb von Washington kommt. Nach dem Motto, wir machen das erstmal kaputt, und dann gucken wir. Das ist Schadenfreude. Die ist eigentlich keine amerikanische Tugend, wir haben nicht einmal ein Wort dafür. Wir verwenden das deutsche Wort. Leider denken wir in den USA aber zu wenig nach, schnelle Entscheidungen und Geschwindigkeit zählen.

Auch bei den US-Nachrichtensendungen. Sie haben einmal gesagt, die sind wie Kinderkanal auf Red Bull und Ecstasy.

Und mit Werbepausen für Antidepressiva! Ich werde nie vergessen, wie mein Mann, ein Bremer, zum ersten Mal US-Nachrichten mit Werbung gesehen hat und entsetzt war. Das ist vielleicht ein Grund, warum die Amerikaner Trump gewählt haben: Alle sind auf etwas, fast jeder nimmt Antidepressiva. Deshalb sind die USA ein bisschen ein Zombieland. Darüber spricht niemand viel, sondern man fragt sich, wie ist Trump Präsident geworden? Naja, wenn du in einem Zombiezustand bist und auch den ganzen Tag nur fernsiehst, dann denkt man vielleicht, dass man so etwas wie Trump bräuchte. Aber wir sollten vielleicht mal den Fernseher abdrehen, denn draußen gibt es ein echtes "Game of Thrones". Fiktion ist jetzt ganz fad. Stattdessen brauchen wir das Bewusstsein, dass wir doch eine Gesellschaft sind und Verantwortung füreinander haben.