Kultur

Wenn die Politik dem Kabarett Sonderschichten abverlangt

Reinhold Mitterlehner kam am Dienstag gerade noch rechtzeitig – nicht in den Ministerrat, sondern in den Wiener Rabenhof. Dort gehört er zum neuen Puppen-Personal des Polit-Kasperltheaters "Bye-Bye Österreich", das heute Abend runderneuert in die neue Saison geht.

Dass die ÖVP vor drei Wochen ihren Obmann austauschte, brachte das Satire-Trio maschek noch in erheblichen Probenstress, musste doch nach dem Abgang von Michael Spindelegger ein neuer Partner für Puppenkanzler Werner Faymann einstudiert werden. Daher mussten die Puppenbauerin und Karikaturist Gerhard Haderer Sonderschichten einlegen. Für den Autor Peter Hörmanseder, der Mitterlehner auch die Stimme leiht, war es nicht einfach, kurzfristig eine neue Figur in die Handlung einzubauen. Mitterlehners Spitzname "Django" dürfte dabei jedenfalls eine Rolle spielen.

"Es ist erstaunlich, wie so eine Produktion nach einem Jahr schon wieder Moos angesetzt hat", kommentiert maschek-Kollege Robert Stachel die Personalfluktuation.

Die neuen Rabenhof-Puppen im Überblick

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Kurz, Klug, Wurst

Während sich also vieles geändert hat, sitzen Faymann & Co. in "Bye-bye Österreich" noch immer im nördlichen Eismeer fest. Erstmals dabei sind die Minister Sebastian Kurz, Johanna Mikl-Leitner und Gerald Klug. Kurz werde auf seine Jugend reduziert, Mikl-Leitner übernimmt den Part der "Hexe" und Klug sei mit seiner speziellen Aussprache "ein großes Vergnügen", so Stachel.

Auch Neuzugänge aus dem Show-Bereich gibt es: Song-Contest-Siegerin Conchita Wurst und Alpen-Elvis Andreas Gabalier haben schließlich heuer die Politik beschäftigt. Und so wird der Puppen-Gabalier auch die Bundeshymne singen.

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KURIER: Welche Auswirkungen hatte der Vizekanzler-Wechsel auf die Vorbereitungen?

Robert Stachel: Wir hatten wesentlich längere Vorbereitungen und Probezeiten als geplant. Die neue Mittlerlehner-Puppe konnte nur so kurzfristig hergestellt werden, weil Gerhard Haderer und Puppenbauerin Brigitte Schneider Sonderschichten eingelegt haben.

Wie groß ist das satirische Potenzial von Mitterlehner bzw. Mitterlehner-Faymann?

Noch eher gering. Wir versuchen es daher mit dem Alter Ego von Mitterlehner, dem "Django". Der bildet sich ein, dass er mehr drauf hat.

Wird auch die internationale Entwicklung (z.B. Ukraine) hineinspielen?

Nur als Anspielung in einer kleinen Putin-Szene.

Eure Programme werden sehr schnell von der Realität eingeholt. Frank Stronach hatte bei "Bye-Bye Österreich" letztes Jahr schon nur eine Kleinstrolle. Das war letztlich weitsichtig . . .

Es ist erstaunlich, wie so eine Produktion nach einem Jahr schon wieder Moos angesetzt hat. Stronach wird daher nur mehr anfangs gezeigt. Er bringt die österreichische Regierung zum Absturz und vertschüsst sich dann. Das ist wahrscheinlich näher an der Realität als es vorher war.

Dass Johanna Mikl-Leitner als Hexe dargestellt wird – ist das nicht nahe an der Beleidigung?

Nein. Sie kommt ja durchaus als Raubein rüber. Und das Kasperltheater kennt nur wenige Archetypen. Da muss man eben grobschlächtig einordnen.

Strache wolltet ihr lange Zeit nicht ins Puppenkabarett hineinnehmen. Warum geschah das letztes Jahr dann doch?

Wir hatten erstmals die Chance, alle Parteichefs im Puppentheater vorkommen zu lassen. Da hat sich bei uns die Sammelwut durchgesetzt gegen die Prinzipientreue.

Kann man über den Auftritt von Andreas Gabalier und Conchita Wurst schon etwas verraten?

Nur soviel: Beide wollen die Bundeshymne singen. Und zeigen daran ihr diametral unterschiedliches Weltbild.

Wer ist euer Liebling unter den neuen Figuren?

Conchita Wurst ist optisch sehr nett geworden. Und als Charakter ist mein neuer Liebling der Gerald Klug. Mit seinen sprachlichen Eigenheit-na ist er ein Geschenk für mich als seine Stimme und ein großes Vergnügen!