Kultur

Bregenz: Festspiele erstmals in Frauenhand

Knapp vor ihrem 70. Gründungsjubiläum (2016) werden die Bregenzer Festspiele erstmals eine Frau als Chefin bekommen: nach der geplatzten Bestellung von Roland Geyer (siehe Bericht rechts) haben sich die Festspiele nun im zweiten Anlauf auf Elisabeth Sobotka als Nachfolgerin von David Pountney ab 2015 geeinigt.

Am Dienstag, einen Tag vor der heutigen Festspieleröffnung mit der Uraufführung von Detlev Glanerts Oper "Solaris", wurde Sobotkas Bestellung nun offiziell bekannt gegeben.

"Ich war einen Tag hier, und dieser Ort hat mich vollkommen verzaubert und verführt", sagte Sobotka bei ihrer Vorstellung. Sie habe für die Zeit ab 2015 bereits konkrete Ideen. Es sei aber klar, dass die Seebühnenproduktion das "Herz der Festspiele" sei. "Der See muss funktionieren, damit die Festspiele funktionieren", betonte Sobotka.

Segeln

Ab Jänner 2015 werde sie in Bregenz leben und "vielleicht das Segelpatent machen", scherzte sie. Die gebürtige Wienerin, Jahrgang 1965, wechselt damit von Graz, wo sie seit 2009 die Oper leitet, nach Bregenz. Der Grazer Vertrag wäre eigentlich bis 2017 gelaufen, erst im Vorjahr wurde er verlängert. Nun hat Sobotka um Vertragsauflösung mit Ende 2014 angesucht.

Die Theaterholding Graz (Aufsichtsratsvorsitzender ist der ehemalige Bregenz-Intendant Alfred Wopmann) hat dem zugestimmt. Somit sucht, in der für prominente Kulturbesetzungen typischen Führungskräfte-Rochade, nun die Grazer Oper eine neue Leitung ab Jahresbeginn 2015.

In Graz hat Sobotka ihre Amtszeit 2009 mit den "Meistersingern" eingeläutet und seitdem in drei Spielzeiten nicht nur große Regisseure (etwa Peter Konwitschny oder Stefan Herheim) angelockt, sondern auch das Kinderangebot mit einer jährlichen Kinderoper ausgebaut.

"Es ist ein schöner Dienstag für die Festspiele", freute sich der Bregenzer Festspielpräsident Hans-Peter Metzler. "Die Tinte ist grade so trocken, wir sind uns einig seit gestern", erklärte er. Wohl mit einiger Erleichterung: Immerhin kam ihm vor wenigen Monaten der eigentlich als künstlerischer Leiter fixe Roland Geyer, Intendant des Theaters an der Wien, abhanden. Nun habe er mit Sobotka in intensiven Gesprächen Klarheit geschaffen bezüglich Ausrichtung und Strategie des Festivals, betonte Metzler.

Großartig

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Erste Gratulationen kamen u. a. vom Bregenzer Hausorchester, den Wiener Symphonikern: Sobotka habe in Graz "Großartiges geleistet" und werde die Festspiele "in eine neue Ära führen", teilte die Orchesterleitung mit. Sobotka, die zuvor u. a. an der Oper Leipzig und der Wiener Staatsoper tätig gewesen ist, habe in den vergangenen Jahren "auch als kompetente Managerin Profil gezeigt", sagte Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny.

Elisabeth Sobotka: Opernleiterin in Graz

Zur Person: Elisabeth Sobotka, 1965 in Wien geboren, studierte Musik- und Theaterwissenschaften, Publizistik und Betriebswirtschaftslehre. Seit 2009 Chefin der Grazer Oper, folgt sie in Bregenz 2015 auf David Pountney (seit 2004 Festivalleiter).

Stationen: Salzburger Festspiele (bis 1991), Oper Leipzig (bis 1993), Chefdisponentin in der Wiener Staatsoper (ab 1994). 2002 wurde Sobotka unter der Intendanz von Peter Mussbach Operndirektorin der Staatsoper Unter den Linden in Berlin.

Vorgeschichte: Roland Geyer hatte zu teure Pläne

Er kam, sah – und ging wieder: Roland Geyer, seit 2006 Chef des Theaters an der Wien, war Ende Mai 2011 als neuer Festspielintendant ab 2015 vorgestellt worden. Er sollte dem Briten David Pountney nachfolgen, der die künstlerische Leitung der Festspiele seit 2004 innehat.

Heuer im Jänner kündigte Geyer aber wegen "unüberbrückbarer Auffassungsunterschiede über die künstlerische Ausgestaltung und Umsetzung" seines Programmes die Zusammenarbeit auf und blieb in Wien.

Geyer sollte in Bregenz im Auftrag des Stiftungsvorstands "Pionierschritte" setzen. Er plante ein Opernfestival, das im Wettbewerbskanon der Großen, also "mit Aix-en-Provence, Bayreuth oder Glynde­bourne" mitspielen sollte.

Statt bisher zwei wollte Geyer jährlich drei bis vier Opernproduktionen herausbringen und auch den Zweijahresrhythmus des Spiels am See beenden.

Außerdem schlug Geyer eine Neukonzeption der Seebühne im Zuge der anstehenden Restaurierungsarbeiten vor. Das provozierte erhebliche Kritik. Schließlich war man sich über die finanziellen Rahmenbedingungen uneinig. Die Folge: Der Vertrag wurde wieder aufgelöst.

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