Berechnung oder nur Schönrechnung im ORF?
Von Christoph Silber
Post aus Baku bekamen die ORF-Stiftungsräte am Freitag Abend. ORF-General Alexander Wrabetz ließ die Räte wissen, dass nach neuen Berechnungen ein neuer ORF-Standort St. Marx finanziell die beste Lösung sei.
Das ist insofern überraschend, als noch vor kurzem dieser Standort als teuerste Variante galt. Die neuen Berechnungen dauerten länger als geplant. Bereits am Donnerstag hätte Wrabetz die Zahlen liefern sollen, das tat er aber nicht. Begründung: Er wolle noch einmal die Berater nachrechnen lassen, bevor er seine Räte informiere. Wrabetz ließ in der Vergangenheit immer wieder Sympathien für einen ORF-Neubau in St. Marx anklingen.
Be- oder Schönrechnung, das ist die Frage die sich die ORF-Stiftungsräte nun stellen. Tatsächlich weist die 16-seitige Kalkulation erneut keinen klaren Sieger aus. Zwischen Neubau um gut 400 Millionen, Konsolidierung aller ORF-Standorte auf dem Küniglberg und Sanierung liegt auf Jahresebene gerechnet nur ein Unterschied von einer Million Euro.
Was schwer wiegt: Um den Neubau zur billigsten Variante zu machen, müssten 54 Mitarbeiter, darunter 21 Redakteure gehen. Zudem käme es zu massiven Auslagerungen im Studiobereich.
Sauer
Was einigen Mitgliedern der Arbeitsgruppe Standort bei der Variante St. Marx sauer aufstößt: Der ORF und die Stadt Wien gründen eine gemeinsame Gesellschaft, in der der ORF zwecks Nachnutzungsfindung alle seine Liegenschaften einbringt. Den Neubau setzt nicht der ORF um – es baut die Stadt bzw. private Firmen. Bislang unvorstellbar für ORF-ler: Der ORFwürde zum Mieter im eigenen Haus.
Reaktion von Richard Grasl, dem kaufmännischen Direktor: "Es gibt aus meiner Sicht keine Standort-Präferenz. Alle Varianten sind so knapp beisammen, dass man darüber sicher noch gründlich diskutieren muss." Die nächste Sitzung der Arbeitsgruppe ist am 4. Juni.
-
Hauptartikel
-
Hintergrund