Kultur

"ATV Meine Wahl": Den Fakten auf der Spur

In der heißen Phase kommen die Fakten leicht unter die Räder der Wahlkampftrosse. Das will ATV-Journalistin und Moderatorin Sylvia Saringer ändern. In "ATV Meine Wahl – Reality Check" (22.20) nimmt sie die Spitzenkandidaten einer Partei bei Auftritten unter die Lupe, um sie später zum Gespräch zu bitten. Diesmal sind es Ulrike Lunacek, Spitzenkandidatin der Grünen und, um 22.50, der eben dort im Streit ausgeschiedene Peter Pilz.

Den Auftakt hat in der Vorwoche das Neos-Couple Matthias Strolz und Irmgard Griss bestritten. Saringers erste Bilanz: "Der ,Reality Check‘ hat die weit auseinandergehende Eigen- und Fremdsicht auf die Neos humorvoll sichtbar gemacht und auch Differenzen in der Allianz Strolz/Griss. Etwa wenn Griss die Vorurteile gegen die Neos so zusammenfasst, dass selbst Matthias Strolz mal kurz sprachlos ist."

Eindrücke sammeln

Genau das ist das Ziel der Sendung. "Man kann zu Hause einen guten Eindruck davon bekommen, wie sich die Volksvertreter mit dem Volk so tun", sagt Saringer, die nicht nur die Politiker begleitet und interviewt, sondern auch das Drehmaterial sichtet, die Beiträge schneidet, spricht und analysiert. "Die viel zitierte Politikerverdrossenheit konnte ich da noch nicht wahrnehmen. Im Gegenteil: Mein Eindruck ist, die Menschen freuen sich, wenn die Spitzenkandidaten – und zwar egal von welcher Partei – den Weg zu ihnen finden, und es scheint, als würden sie sich wünschen, dass sich die Politiker öfter unters Volk mischen und mit ihnen sprechen."

Bei den Wahlkampfauftritten versteht sich die 46-Jährige als Beobachterin. "Ich will mich auf die Situation einlassen, schauen, was entsteht. Ich hake aber auch nach, wenn ich vor Ort den Eindruck habe, da bekommt jemand keine wirkliche Antwort." In Einzelinterviews wenige Tage danach – die Zeit wird für den Reality-Check genutzt – dann die Aussagen auf ihre Haltbarkeit hin abgetestet.

Saringer gilt als toughe Interviewerin. "Ich würde mich eher als hartnäckig bezeichnen, und das kann und muss man auch sein, wenn man Antworten von Profi-Politikern erhalten will. Trotzdem kann man fair bleiben", meint sie. "Die Fragen folgen ja schlichter Neugierde – ich will so etwas herausarbeiten und transparent machen." Besonders ist, dass sie eine Psychotherapie-Ausbildung absolviert hat. "Das hilft, wie bei jedem Psychotherapie-Gespräch auch, die innere Distanz zum Gesprächspartner zu wahren und die Situationen anzunehmen, wie sie gerade kommen."

Schwer irritiert

Saringer ist seit vielen Jahren Innenpolitik-Journalistin. Sie war schon dabei, als ATV 2008 als erster österreichischer Privatsender zur Elefantenrunde bat – die bestreitet sie heuer am 1. Oktober, 20.15, wieder gemeinsam mit Meinrad Knapp.

Zu Beginn der Karriere hatte sie noch "schwer irritiert", "dass Politiker-Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit oder vor der Kamera auch etwas von Showkämpfen haben. Die setzen sich dann auf der realen Ebene der Arbeit nicht zwangsläufig fort." Haben die Jahre seitdem ihre Einschätzung von Politik und Politikern geändert? "Als Journalist erlebt und sieht man Politiker immer im beruflichen Kontext. Was sich verändert haben mag, ist das eine oder andere menschliche Vorurteil dieser Berufsgruppe gegenüber. Jedenfalls bin ich mir sicher, dass man als Politik-Journalist seine Wahlentscheidungen anders trifft, als Menschen, die nicht damit tagtäglich beschäftigt sind."