"ÜberLeben": Kardinalschnitte mit Wurstsalat und Gesang
Von Guido Tartarotti
Weihnachten rückt näher, es steht zwar noch nicht vor der Türe, aber es ist nur noch zwei Straßen entfernt und sucht schon einen Parkplatz. Und damit auch das traditionelle Adventsingen der Familie meiner Freundin.
Zu diesem Zweck reisen alle Mitglieder der verstreuten Familie in ein kleines Dorf im Alpenvorland an und stapeln sich in ein winziges Zimmer, 200 Menschen auf zehn Quadratmeter (na gut, das war jetzt ganz leicht übertrieben). Für Menschen wie mich, die auch im Burgtheater immer einen Randplatz brauchen, um keine Beklemmungsattacke zu erleiden, keine leichte Situation, die dadurch verschärft wird, dass jeder ungeheure Mengen von Lebensmitteln mitnimmt. Schnitzel, Fleischlaberln, Knödeln, Wurst, Käse, Salat, gekochte, gebackene und noch lebende Hühner, Schweine und Ochsen, mehrere Tonnen Brot und Gebäck, außerdem natürlich genügend Mehlspeisen, um den Blutzuckerhaushalt einer mittleren Großstadt Richtung Diabetes zu drücken.
Alle versammeln sich in erwähnter Stube und beginnen sofort, sich Platz zu verschaffen, indem sie möglichst viel von den Lebensmitteln verzehren, was allerdings angesichts der schieren Menge völlig aussichtslos ist, weswegen das Essen am Ende wieder mitgenommen werden muss, jedoch nicht von den Mitbringenden. Das heißt, der Fleischlaberlmitbringer bekommt die Malakofftorte usw. Das Essen wird in einer eigens angemieteten Kühlhalle bis zum nächsten Jahr gelagert und dann erneut mitgebracht.
Beim Essen heißt es, höchst vorsichtig vorzugehen, wenn man im falschen Moment zum Wurstsalat greift oder die Kardinalschnitte lobt, kann das zur sozialen Katastrophe führen!
Irgendwann werden dann noch zwei Gitarren in den Raum gedrückt und alle Anwesenden brechen in Gesang aus - und zwar in wunderschönen. Ich sitze dann still daneben, esse Kardinalschnitte mit Wurstsalat und bin glücklich.