Paaradox: Chaos-Theorie
SIE
Wieder einmal eine der großen Fragen des Lebens: Gibt es Chaos-Gene? Und: Ist da Ähnliches in der Papa-Tochter-DNA? Es ist so: Ein gemütliches Familienessen mit dem Mann gegenüber und la Prinzessin ist geplant. Kulinarisch 1 A, so der – wie immer – bescheidene Anspruch der Mit-Esser. Ab Terminfindung wird darüber per Whatsapp und Telefon diskutiert. Was für wenig Entspannung bei der Köchin, meiner Wenigkeit, sorgt – am Ende bin ich ratloser als je zuvor. Indes halten die Tochter und der Pappo geheime Nebenabsprachen, von der sie sich erhofft, sie würden via Hufnagl bis zu mir durchsickern. Trotzdem erwähnt sie im Rahmen eines Telefonats mit mir ein erhöhtes Chili-con-Carne-Bedürfnis, gepaart mit der Frage, ob mir „der Papsi“ das eh schon per Depeche mitgeteilt hat. Hat er nicht.
Wie ein Nudelsieb
Glücklich ist, wer vergisst – ein Satz wie handgeschnitzt für den guten Mann, dessen Gedächtnis mitunter so löchrig ist wie mein größtes Nudelsieb. Oder, unlängst, wie das Gacki-Sackerl für Hund Gustav (hoher Wäh-Faktor, übrigens!). Er wiederum schwadroniert, sich lückenhaft erinnernd, per SMS von meinen „legendären Fleischlaberln“, für die es – aus seiner Sicht – wieder einmal Zeit wäre. In diesem Moment poppt eine weitere Nachricht auf, in der die Tochter ihr Ansinnen „nach Gesundem, mit viel Salat und Gemüse“ formuliert, offenbar war das Papa-Tochter-Chili-Ding nur eine flüchtige Appetit-Momentaufnahme. Nun schreibe ich erneut in die Familien-Whatsapp-Gruppe: „Was darf es am Mittwochabend sein, ich kenne mich nimmer aus?!“ Worauf der eine schreibt: „Ich dachte, Donnerstag?“ Und die andere: „Ups, war nicht Freitag gemeint?“ Was soll ich sagen: Ich gehe jetzt eine Tonne Faschiertes und dazu eine Tonne Bohnen, Gemüse, Salat sowie Brösel kaufen. Für alle Fälle. Falsch, Letzteres brauche ich gar nicht. Für Brösel aller Art ist sowieso gesorgt.
ER
Seit unserem ersten gemeinsamen Tag versuche ich, gnä Kuhn zu überzeugen, dass eine gewisse Geistesabwesenheit kein Indiz für angelernte Wurschtigkeit ist, sondern eines für überbordende Kreativität (die in Wahrheit von früh bis spät bewundert werden sollte). Es ist nun einmal mein Schicksal: In einem künstlerischen Hirn muss so viel Großes arrangiert werden, dass sich mitunter für die Banalitäten des Alltags kein Raum findet. Wer sich mit dem Dichten und Denken beschäftigt, neigt eben zu zwischenzeitlicher Vergesslichkeit. Ich muss, bitteschön, texten, Präsentationen modellieren, historische Bücher lesen oder die Formkurven des FC Barcelona analysieren – da flitzen Fragen wie Chili oder Fleischlaberl? oder Wann bringst du den Hund? so hurtig durchs Kopf-Universum, dass es ein wahrer Luftikus gar nicht wahrnimmt. Leider sieht meine Frau darin keine Gabe, sondern eine Mühsal und sagt: Ist schon gut, du G’scheiterl, spar’ dir den Schmäh.
Erinnerungen
Sie lebt nämlich in dem (Selbst-)Bewusstsein, dass man durchaus Kreativität UND Struktur entwickeln kann. Und dass sie der beste (vorbildliche) Beweis dafür sei. Was dazu führt, dass sie mir – dem Großmeister der Multitaskese – trotz ihres täglichen Schaffens permanent irgendwelche Erinnerungen schickt. Um zu dokumentieren, woran sie alles denkt. Und zwar nebenbei. Also schreibt sie mir am Montag: Kannst du bitte am Mittwoch eine gute Flasche Wein mitbringen? Ich antworte: „Klar.“ Am Dienstag fällt die Nachricht schon knapper aus: Wein bitte nicht vergessen. Ich: „Jaahaa.“ Am Mittwoch folgt dann noch ein ultimatives Wein!!! Ich verweigere eine Reaktion, freue mich aber schon auf den Augenblick, wenn ich vor ihr stehe und rufe: „Jössas, der Wein!“ Damit sie ihren Hirn-wie-ein-Nudelsieb-Triumph hat. Selbstverständlich habe ich ihn eh mitgenommen. Ich muss aber gestehen: Ich war ziemlich froh, dass er mir auf halbem Weg gerade noch eingefallen ist. Zum Wohl!
Twitter: @MHufnagl
Unser nächster Termin: Lesekabarett „Schatzi, geht’s noch?“, 12. März, St. Pölten, Bühne im Hof.