Paaradox: Altes Eisen
SIE
Wie versprochen nun die kleine Fortsetzungsepisode zum Thema „Mitbringsel für den Meister Proper meines Herzens“. Der unlängst seine ganze Wohnung putztechnisch generalsaniert hatte, nur weil ich zu ihm ein bisserl essen kam. Im Vorfeld schien es zunächst so, als würde mich Eurer Gnaden zu einem 25-gängigen Festmahl geladen haben, für das er die besten Chefs der Welt einfliegen ließ. So feierlich-förmlich-majestätisch las sich sein Einladungsschreiben für meine Audienz in seinem Nest. Und ich überlegte schon heimlich, welche Weine er kredenzen würde: ein Fläschchen Château Margaux oder einen gepflegten Petrus? Dass der Mann gegenüber schlichte Schinkenfleckerln plus Bier zu servieren gedachte, war mir an dieser Stelle noch nicht klar.
Im Keller
Daher brütete ich fieberhaft über ein passendes Mitbringsel – und kam zu folgendem Schluss: Stil kann man nicht kaufen. Der befindet sich bei uns seit vielen Jahren im Keller. Das kam so: Vor langer Zeit hatte der Hobbysportler an meiner Seite eine Trophäe angeschleppt, die er – wie er betonte – nur deshalb verliehen bekommen hatte, weil er (O-Ton) „um Lichtjahre besser als alle anderen Turnierteilnehmer war und durch besondere Leistungen hervorstach“. Hm, ich bin mir bis heute nicht sicher, ob das Ding nicht eher als Trostpreis für Letztplatzierte gedacht war, so abscheulich wie es aussah. Er war trotzdem so stolz, dass er es gerne im Schlafzimmer platziert hätte, ich hingegen trug den Krempel ins Souterrain, wo er als Veni-vidi-vici-Erinnerungsstück verstaubte. Nun aber hatte ich eine wunderbare Gelegenheit für eine dezente Übersiedlung von hinnen nach dannen. Was für eine Erfolgsgeschichte, so glücklich habe ich ihn schon lange nicht mehr gesehen! Zumal das Ding perfekt mit den Schinkenfleckerln harmonierte. Gehe übrigens fix davon aus, dass er nun jeden Abend dasitzt, die Trophäe verklärt betrachtet und leise „We are the Champions“ anstimmt.
gabriele.kuhn@kurier.at / facebook.com/GabrieleKuhn60
ER
Es war eine Nervenschlacht damals. Zweieinhalb Stunden lang lief ich über den Center Court, ehe ich nach drei engen Sätzen den Matchball verwandelte. Die Tribünen waren einem hochklassigen Finale entsprechend voll besetzt … na gut, es waren zwei Bankerln in der Wiese, auf der zufällig des Weges kommende Wanderer ihr Lunchpaket verzehrten. Aber so oder so war es ein sportlicher Triumph. Mein Gegner erhielt als Trostpreis eine Flasche Wein, und erst als ich den Pokal entgegennahm, dachte ich mir, dass ich mit einer Niederlage besser dran gewesen wäre. Die Trophäe war 40 cm hoch und stellte einen Tennisspieler dar, der aus Altmetall-Resten etwas windschief zusammengeschweißt war. Es handelte sich – angeblich – um das bedeutende Arrangement eines regionalen Künstlers. Hätte man mir erzählt, dass die rostige Skulptur von unmotivierten Kindern in der Projektwoche „Basteln für den Weltfrieden“ erschaffen worden sei, hätte ich es auch geglaubt.
Voller Stolz
Jedenfalls war das Ding erstaunlich hässlich. Das ist zwar das Wesen von Pokalen, dieses Exemplar war jedoch besonders auffällig. Egal, der ideelle Wert war unermesslich. Daher kehrte ich einst voller Stolz zurück, wo meine Frau erst im Vorbeigehen fragte: Und, hast irgendwas g’rissen? Um dann wie erstarrt die Trophäe zu erblicken. Sie sagte: Nicht dein Ernst, was ist das? Und gleich danach: Kriegt man das, wenn man beim Pimperl-Cup zum alten Eisen gehört? Ich reagierte nicht und stellte das Mahnmal für Siegermentalität auf die Schlafzimmer-Kommode: „Ein adäquater Platz“ sprach ich. Gnä Kuhns Antwort stand in ihren Augen, die sich zu verräterischen Sehschlitzen verengten. Der Kompromiss war, dass der Pokal das Arbeitszimmer veredeln durfte – aber nur ein paar Tage, dass die Seel’ a Ruh’ hat. Ehe er in den Keller übersiedelte … und viele Jahre später als Mitbringsel seine Würde zurückerlangte – mit dem Grinsen der Liebsten ergab das ein sehr schönes Bild.
michael.hufnagl@kurier.at / facebook.com/michael.hufnagl9