Kolumnen

Paaradox: Alles in Butter?

SIE

Im weitesten Sinne erinnert mich unsere Butter an alte James-Bond-Filme, in denen sich Nachrichten an 007 selbst zerstören, nachdem sie von ihm gelesen wurden. Kaum ist das gute Butterstück für den Gebrauch eröffnet, startet ein Zerstörungsprozess, der es rasch unkenntlich macht. Das hat mit unseren unterschiedlichen Philosophien in Bezug auf den Umgang mit dem Grundnahrungsmittel zu tun. Der Mann nebenan schneidet sich von der Fett-Front präzise Scheiben ab, während ich, Frau Lässig, die Röllchen-Methode bevorzuge. Heißt: Ich schabe mir von der Butterviertel-Oberfläche unkontrolliert Kringel runter. Eine kleine Alltagsfreude.

Konsens – oder doch nicht?

Diese unterschiedlichen Zugänge gehen nicht spurlos an unserer Liebe (und der Butter) vorüber. So absurd das vielleicht klingen mag, aber wir streiten dazu oft und intensiv. Sein Sager Wie deppert kann man bitte die Butter abschneiden? rangiert fix unter den Top-5 seiner häufigsten Beschwerden. Diese beantworte ich in 99 von 100 Fällen mit einem Deine Sorgen und dem Rothschild sein Geld, das kann dir doch wurscht sein und schabe weiter. Was es bräuchte, ist ein Konsens – oder eine andere Butterdose. Tja. Durch Zufall entdeckte ich dieser Tage beim Bummel das für mich perfekte Modell: ein rechteckiger Keramikbehälter, in den man das Viertel Butter hineinplumpsen lässt, sodass man es nur mehr von oben abschaben kann. Nieder mit der Butterscheiben-Fraktion! Der Mann nebenan war ob meiner Morgengabe irritiert und faselte etwas von alleiniger Butterherrschaft, die er entschlossen und mit allen Mitteln bekämpfen würde. Margarine? Diätaufstrich? Unsicherheit macht sich bei mir breit, atmosphärisch ist es etwas kühler zwischen uns. Daher denke ich nun über das Prinzip „getrennte Butter“ nach.

INFO: Am 13. 8. um 18 h lesen und plaudern wir im gemütlichen „City-Newsroom“ des KURIER, Pods&Bowls, Mariahilferstraße 10. Eintritt gratis!

ER

Sollten dereinst einmal Therapeuten, Familienaufsteller und Scheidungsrichter auf die Idee kommen, ein Butterschutzgesetz für Ehepaare zu verabschieden, bestehe ich darauf, als Chefkonsulent am Text mitarbeiten zu dürfen. Wissend, wie viel Unbill durch sachgemäße, gefühlvolle und würdige Butter-Behandlung verhindert werden könnte. Und wenn ich schon dazu berufen wäre, gegen die Schaben-Plage aufzubegehren, würde ich mich auch gleich für eine Brot-Verordnung stark machen. Mit den drei Geboten: 1. Du sollst nicht schon im Geschäft vom Baguette abbeißen. 2. Du sollst nicht schon auf dem Weg nachhause den halben Wecken verputzen. 3. Du sollst nicht im Auto den Laib brechen, um deinen Heißhunger zu stillen.

Es gibt Bröseln

Wobei mir Punkt 3 besonders wichtig erscheint. Weil nämlich gnä Kuhn nicht einmal mit eindringlichsten Warnungen („Wenn du jetzt abbeißt, verstecke ich deine Nackenrolle“) davon abzuhalten ist, exorbitante Krümel- und Mehlspuren auf dem Beifahrersitz zu hinterlassen. „Ich muss“, sagt sie. „Nein“, sage ich. „Aber es riecht so gut“, sagt sie. „Dann schnupper’ dran“, sage ich. Aber was kann ich schon von einer Frau erwarten, die im Bett Zwieback knuspert? Die eine Packung Schnitten öffnet, um eine von zehn Schnitten zu verzehren? Die keine Nachspeise bestellt, aber mein Dessert mit dem Mantra „Einmal noch kosten“ mindestens zur Hälfte isst? Ja, so eine Frau sorgt auch verlässlich dafür, dass es bei uns Bröseln gibt. Und weil die Liebste längst gelernt hat, dass ich in solchen Fällen eine Geh’-bitte-ist-doch-wurscht-Unverträglichkeit besitze, wechselt sie mit Vorliebe zur Herzigsein-Taktik und fragt: „Aber ist es nicht auch ein bissi lieb, dass ich solche Eigenheiten habe?“ Das ist natürlich eine Falle. In die ich der Harmonie wegen auch sehr bewusst hineintappe. Um dann jedoch zu überlegen, ob sie wohl das Nackenhörnchen im Dokumentenschrank suchen würde …