Nur ein Spiel
Von Birgit Braunrath
Es soll einmal eine Zeit gegeben haben, da war Fußball noch ein Spiel. Aber daran erinnern sich nur die Geschichtsbücher. Denn aus Spiel wurde Ernst.
Heute ist Fußball weniger Match- als Machtfaktor: Welches Ereignis müsste eintreten, damit Menschen auf der ganzen Welt einen Monat lang – nicht mit sinkendem, sondern mit steigendem Interesse – auf denselben Punkt der Erde starren? Wir wollen es uns gar nicht ausmalen. Da nehmen wir lieber dankbar den Schlager Ägypten gegen Uruguay.
Fußball, das ist: Wirtschaftswunder, Medienspektakel, Massenunterhaltung, Ersatzreligion, Sozialkitt, Sportverführung für die Jugend, Aufstiegschancen für Benachteiligte, Identifikationsmomente für Einsame, kollektiver Freudentaumel, gemeinsame Trauer, Abende im Freundeskreis (bei denen nie peinliches Schweigen aufkommen kann), Dauerfernsehen unter freiem Himmel, Beziehungspausen (die frischen Wind bringen). Kurz: die Regentschaft von Ballliebe, Bier und Unvernunft.
Der Sommer ist plötzlich rund und das Leben so leicht ... als wäre es ein Spiel.