Kolumnen

Johannas Fest: Paradies fast zum Nulltarif

Die vergangenen drei Monate fristeten unser Freund Markus und seine Paula das Dasein der Königskinder: Paula ist Spanierin, Markus wohnt im Mostviertel. Als Geschäftsführer eines international tätigen Unternehmens war er bis zum Lockdown unter der Woche ständig auf Businessreisen. So lernte er vergangenes Jahr in Barcelona seine große Liebe kennen. Die vergangenen drei Monate lang konnten die beiden nicht zusammenkommen. Paula, deren Vater schwer an dem Virus erkrankt war und im Spital lag, war zu ihrer Mutter gezogen und erledigte von dort aus ihre Arbeit als Übersetzerin. Markus managte sein Business via Videokonferenzen in aller Einsamkeit von seinem renovierten Hammerherrenhaus aus. Jetzt ist die 32-jährige Sympathieträgerin wieder bei ihm, hat 14 Tage Urlaub genommen und das Liebespaar erlebt gerade einen vorgezogenen Honeymoon.

Vergangenen Dienstag hat uns Markus zum Grillen eingeladen. Die Meteorologen hatten wolkenlosen blauen Himmel und mit 36 Grad spanische Hitze prognostiziert. In unserem Sommerfrische-Quartier, das nur zwei Gehminuten von den kühlen Fluten der Ybbs entfernt ist, ist dieses Wetter für mich „Wasserratte“ ein Grund zum Jubeln!

Ich schlug Markus vor, dass wir auf einer Schotterbank am Flussufer einen Naturgrill bauen und dort in an landschaftlicher Schönheit kaum zu toppender Atmosphäre essen. Ein zweiter Vorschlag entsprang meinen Reiseleiter-Genen: Während des Studiums habe ich mir mein Geld in Spanien, Paris und Übersee mit Touristenführungen verdient: Eine Stadt im Bus kennenzulernen, ist üblich. Lustiger waren schon Ausflüge in Mallorca auf dem Rücken der Pferde und – für mich am schönsten – jede Sightseeingtour am Wasser, als Seine-Rundfahrt, durch die Grachten Amsterdams oder Kreuzfahrt an Kubas Küsten.

Da wir an der Ybbs weder ein Motorboot noch einen Passagierdampfer entern können, suchte ich alles an aufblasbaren Utensilien zusammen für einen Ausflug der besonderen Art: Ich habe eine Sightseeingtour per Luftmatratze angeregt, was begeistert angenommen wurde. Auch unsere Freunde Heinz und Katharina, gerade zwei Tage bei uns zu Gast, kamen mit. Außerdem in der Reisegruppe ihre schwimmbegeisterten Labradore Bluna und Cora, sowie unsere Cocker Spaniel-Dame Amy. „Luftmatratzen-bewaffnet“ starteten wir zu Fuß flussaufwärts am „Ybbsufer-Erlebnisweg“. Nach zwei Kilometern „stachen wir in See“.

Am Rücken liegend ließen wir uns flussabwärts treiben. Nach einer von wilden Brombeersträuchern überwucherten Biegung tauchten dann die Bauwerke auf, die Waidhofen den Beinamen „Stadt der Türme“ einbrachte: Vier Kirch- und drei Stadttürme, erbaut in der Zeit vom 13. bis ins 19. Jahrhundert, die architektonischen Höhepunkte der Perle des Mostviertels. An der Endstation Schotterbank fachten wir ein Lagerfeuer an, packten das mitgebrachte Grillgut und die eisgekühlten Getränke aus. Ein mir bekannter Fischer kam vorbei und schenkte uns zwei eben gefangenen Forellen. Unsere Grillage war ein Festmahl, der Dienstag ein Festtag, fast ein Paradies zum Nulltarif!