Kolumnen

Johannas Fest: Gesundheit oder Weihnachtsfest?

In den vergangenen Jahren haben wir uns jeweils auf drei Adventeinladungen ganz besonders gefreut:

Die Übervolle. Marina und Rudolf haben ihr Fuhrwerkerhäuschen im 17. Bezirk und den Garten festlich geschmückt und dann so viele Freunde zu Punsch, Maroni und heißen Würsteln eingeladen, wie gerade noch hineinpassten. Das Besondere war die absolut diverse Gesellschaft. Hier trafen sich GärtnerInnen, ÄrztInnen, RechtsanwältInnen, KünstlerInnen, UnternehmerInnen, JournalistInnen und sogar ein Zauberer, der als Gast, nicht als Darsteller, kam. Eng an eng auf den Heurigen- bänken im Wohnzimmer mit knisterndem Kamin „regnete“ es jede Menge neue Bekanntschaften.

Die Nostalgische. Auch die Dramaturgin Ursula putzte ihr kleines Jugendstil-Haus in Hietzing jedes Jahr fein heraus. Schon im Stiegenhaus leuchteten dutzende Kerzen, rote Weihnachtssterne, rote Amaryllen und weiße Schneerosen zierten die Nischen und Fensterbretter. Es roch nach Reisig, Punsch und Weihnachtsbäckerei. Auf silbernen Tabletts präsentiert, verführten köstliche selbst gebackene Kekse zur süßen Sünde. Illuster auch hier die Gästerunde: Für mich war diese Einladung immer eine Zeitreise. Schließlich traf ich bei Ursula FotografInnen, Poeten, SchauspielerInnen und ArchitektInnen. Persönlichkeiten, mit denen ich in meiner Jugend bis spät nachts im Café Hawelka saß, deren Wege sich aber später nie mehr mit meinen kreuzten.

Die Klangvolle. Unsere Freundin Lise versucht sich gar nicht erst an Keksen und Deko. Sie ist eine erfolgreiche Bankerin, die es selbst in Krisenzeiten schafft, aus Geld mehr Geld zu machen. Alljährlich lud sie etwa 60 FreundInnen – ungeachtet deren Kapitalkraft – und KundInnen in eines ihrer Lieblingslokale in der Wiener Innenstadt. Dort ließ sie Champagner fließen und immer wieder feine Mini-Portionen der Klassiker des Hauses durch- servieren. Prickeln und Gaumenkino vom Feinsten! Speis und Trank mussten sich die Gäste allerdings auch verdienen: durch Ohrenschmaus nämlich. Fixpunkt von Lises Festen war das gemeinsame Singen der von ihr leicht frivol umgetexteten Weihnachtslieder. Das schafft Community!

Punschloser Advent

Gestern erhielt ich ihre Mail: „Vorfreudig vertagen wir unsere Weihnachtsjause um sechs Monate auf Juni 2021“, schrieb die Gute. – Na, das ist wirklich weit vorausschauend!

Vor zwei Monaten dachten mein Mann und ich noch an eine größere Adventeinladung bei uns daheim. Während ich Lichterketten zwischen die Fenster hänge, mache ich mir nun Gedanken darüber, ob am 24. 12. wohl noch irgendetwas im engsten Familienkreis gehen wird. Oder wird Lockdown statt Lametta auf dem Programm stehen?

In Zeiten der Pandemie sei ein kreativer Umgang mit dem Weihnachtsfest angebracht, lese ich in der Zeitung Die Welt. In einem Interview meint der deutsche Resilienzforscher Klaus Lieb, dass man zum Beispiel per Video zusammenkommen, dasselbe kochen und dann gleichzeitig essen und trinken, oder das Treffen am Heiligen Abend bei Gefahr in Verzug verschieben könne, wie Hochzeiten auch.

Schließlich würden die meisten Menschen auf die Frage, was ihnen im Leben am wichtigsten sei, „Gesundheit“ und nicht „das Weihnachtsfest“ antworten. – Stimmt natürlich, auch wenn das derzeit nicht besonders fröhlich stimmt.