Kolumnen

Johannas Fest: Dürfen wir unseren Hund mitnehmen?

Eva ist eine Traumgastgeberin: Sie kocht jedes Mal nach neuen Rezepten, sie bäckt die besten Torten und sie hat ein einzigartiges Händchen für die Dekoration ihrer prachtvollen Villenhälfte inmitten eines Cottage-Parks. Die Geschäftsfrau hat viel Herz nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere. Sie hält sich ganz an das Heinz Rühmann zugeschriebene Zitat „Man kann auch ohne Hund leben, aber es lohnt sich nicht“. Zur Zeit ist Nero, ein schwarzhaariger Mischling mit Labrador-Kopf und Basset-Körper, der Glückliche, der einer Tötungsstation in Ungarn entkommen und in Evas idyllischem Universum gelandet ist.

Ebenfalls auf den Hund gekommene Freunde von Eva fragen erst gar nicht, ob sie der Einladung zur Dinnerparty mit ihrem vierpfötigen Begleiter folgen dürfen, sondern setzen dies voraus. Nicht selten tollen dann vier Hunde in dem Riesenpark rum, während Frauchens und Herrlis sich an kulinarischen Hochgenüssen laben. Auch dass der in den Flegeljahren angekommene Weimaraner Fido unlängst das halbe Kilo feinsten, frisch aus Mailand importierten Lardo vom Küchenblock gestohlen hat, hat an Evas Willkommenskultur gegenüber felligen Gästen nichts geändert.

– Soviel Toleranz darf man aber nicht allgemein voraussetzen.

Das Power-Paar Sieglinde und Ludwig, beide in führenden Positionen wichtiger Medien tätig, sprach unlängst eine Einladung zum Abendessen bei sich daheim aus. Die Freude darüber war groß. Und sie wuchs noch als wir hörten, dass wir dort auch Marlies und Günther, sowie Maria und Helmuth wieder sehen würden.

Fellige Familienmitglieder

Dürfen wir unseren Hund mitnehmen?“, wage ich telefonisch anzufragen. Ich bilde mir ein, ein leises Schlucken vernommen zu haben, ehe Sieglinde konstatierte: „Hm, dann haben wir an diesem Abend drei Hunde zu Gast.“

Das war weder ein Veto, noch eine unausgesprochene Bitte, unsere Felltochter Amy daheim zu lassen. – Sieglinde ist eine glänzende Gastgeberin und eine sehr einfühlsame Freundin. Die Mutter zweier mittlerweile erwachsener Söhne weiß, dass es neben vielen anderen neuen Familienformen eben auch immer häufiger das Phänomen „Mutter, Vater, Hund“ gibt. Für viele Menschen sind Hunde Kinderersatz.

Warum Gäste ihre vierbeinigen Lieblinge zum Abendessen mitnehmen wollen, kann verschiedene Gründe haben: Die reichen von der Sorge, dass Schnuffi allein daheim traurig ist und winselt oder kläfft, bis hin zur ganz pragmatischen Überlegung, dass der Spaziergang zum Domizil der Gastgeber die abendliche Gassirunde ersetzt.

Aber eigentlich ist der Gedanke, in Begleitung des treuesten Freundes der Menschen zum Dinner in einem haustierlosen Refugium anzutanzen, eine Schnapsidee, es sei denn die Einladenden sind Hundeliebhaber und fordern explizit zu dessen Mitnahme auf. – Zu diesem Schluss scheinen alle drei Paare ganz ohne Absprache gekommen zu sein: Letztendlich fanden sich nämlich ausschließlich zweibeinige Gäste bei Sieglinde und Ludwig ein. Der Malteser Diego verbrachte den Abend bei seiner „Tante“, Marias Schwester. Für Lord Byron, den King Charles-Spaniel, wurde eigens ein Dogsitter engagiert. Unsere Amy, eine sehr selbstbewusste Cocker Spaniel-Dame, „überlebte“ die Zeit allein daheim ganz untraumatisiert.

Den Gastgebern ist dabei sicher nichts abgegangen; schon gar nicht am nächsten Tag die haarigen Spuren der Vierbeiner beim Saugen des antiken seidenen Palastteppichs.