Kolumnen

Johannas Fest: Bitte allein kommen!

Während meines Studiums arbeitete ich als Reiseleiterin. Bei einer achttägigen Tour quer durch die USA lernte ich Roman Schliesser kennen. Zurück in Wien lud mich der damals wichtigste Gesellschaftsreporter zu einer Premierenfeier ein. Der Journalist, der sich unter dem Pseudonym „Adabei“ höchste Bekanntheitswerte „erschrieben“ hatte, erlebte dabei gleich eine persönliche Premiere: Die Empfangsdame am Ende des „roten Teppichs“ machte den mächtigen Kolumnisten der größten Tageszeitung des Landes darauf aufmerksam, dass seine Einladung nur für eine Person gelte. „Kein Problem, dann gehen wir eben woanders hin essen!“, entschied Schliesser kurzerhand, legte mir seinen Arm um die Schulter und drehte am Absatz um. – Sehr zum Entsetzen einiger Bühnenstars, die die Szene beobachtet hatten.

In einem Nobelrestaurant in der Wiener Innenstadt genossen wir ein mehrgängiges Dinner und „Adabei“ erläuterte mir seine kompromisslose Haltung: „Ich arbeite jeden Abend und habe so gut wie kein Privatleben. Zumindest meine Tischnachbarin möchte ich mir selbst aussuchen können.“

Der Starreporter konnte es sich leisten, die Einladung mit der Wiener Bühnen-Hautevolee sausen zu lassen. Schließlich war er mit internationalen Stars wie Sophia Loren, Curd Jürgens, Clark Gable und Frank Sinatra, die ihn zu Interviews und Homestorys nach Rom, New York und Tokio einfliegen ließen, auf Augenhöhe. – Heute sucht man auf Zusageformularen zu glamourösen Veranstaltungen oft vergeblich nach der Zeile „Ich komme mit Begleitung“. Das Solo ist die neue Norm. Natürlich kann man fragen, ob im Ausnahmefall Begleitung möglich wäre. Ist der Gast ähnlich wichtig wie einst Roman Schliesser, bestehen gute Aussichten auf ein „ja“. Andernfalls gilt es, die Spielregeln zu akzeptieren, oder aber auf der Party durch Abwesenheit zu glänzen. Natürlich nachdem man höflich abgesagt hat. So viel Etikette muss sein!