Ist Freuen noch erlaubt?
Von Birgit Braunrath
Zwei Fragen, die sich derzeit viele stellen: 1. „Darf ich noch sagen, dass es mir gut geht, und darf ich zeigen, dass ich mich über etwas freue, wenn so viele Menschen leiden, wenn Schutzräume bombardiert werden, Kinder hungern und frieren …?“ Antwort: Ja, dürfen Sie, sollen Sie sogar. Denn die Gegenfrage lautet: Wem geht es besser, wenn Sie sich und der Welt verheimlichen, dass es Ihnen gut geht?
Frage 2. „Darf ich noch sagen, dass es mir nicht gut geht, wenn so viele Menschen derzeit Schlimmeres erleiden, zählt da mein Schicksal überhaupt?“ Antwort: Ja, dürfen Sie, sollen Sie sogar. Wem ginge es besser, wenn Sie verschweigen, dass es Ihnen nicht gut geht? Ein bohrender Zahnschmerz etwa tut ja dem Einzelnen nicht weniger weh, wenn derjenige sich vorsagt, dass anderswo Menschen noch viel schlimmer leiden.
Stellen Sie sich also lieber die Frage 3: „Was kann ich ändern?“ Und dann können Sie helfen, spenden, unterstützen ... Denn alles, womit man für einen einzigen Betroffenen die kleinste Verbesserung herbeiführt, hilft mehr, als sich selbst das Freuen und das Leiden nicht mehr zuzugestehen.