Kolumnen

Im Bad: Sixtas Christl, mir san no do!

Ich gehe auch deshalb gerne ins Bad, weil man dort dem Österreicher in seiner edelsten, aus Grant, Weltschmerz und bösartigen Gemütlichkeiten gebauten Form begegnen kann. Zum Beispiel den drei Damen. Nein, die sind nicht von Mozart komponiert, sondern vom Leben gezeichnet. Sie sind nicht alt, nur älter, die Sonnenbestrahlung von vielen Freibadsommern hat ihre Haut gegerbt, die jetzt ein wenig an eine Schnitzelsemmel erinnert.

Das Bad ist ein typisch österreichisches Soziotop, das mit dem Baden an sich weniger zu tun hat als mit einem Lebensgefühl. Zum Beispiel gibt es Menschen, die den ganzen Sommer im Bad verbringen, ohne auch nur ein Mal mit dem Wasser in Berührung zu kommen, weil sie sich nämlich nur innerlich befeuchten, mit Bier. Es werden Getränke konsumiert, die man außerhalb des Bades nie bestellen würde  (z. B. Sauermilch gespritzt). Und man widmet sich Spielen, die ebenfalls nur im Biotop Freibad überleben konnten (z. B. Family-Tennis). Hier werden die Seele und die neuen Tattoos gelüftet, hier wird eingeölt und angebraten, hier fühlen und machen wir uns ganz frei.

Die drei Damen sind heute ausgesprochen guter Laune. Und das, obwohl das Wetter nicht passt. Es ist nämlich zu heiß. Oder zu kalt. Oder beides gleichzeitig. Jedenfalls passt das Wetter nicht! Doch die drei Damen unterhalten sich äußerst vergnügt darüber, wer schon wieder „gschturm“ ist.  Frei nach dem Motto: Wissen Sie schon, wer gestorben ist? – Nein, aber mir ist jeder Recht. Sie diskutieren angeregt darüber, um wen es schade ist und um wen weniger, bei wem es zu früh war und bei wem eher nicht, und die Genugtuung darüber, selbst erst auf der Warteliste zu stehen, ist ihnen anzumerken. Sixtas Christl, mir san no do!

An dieser Stelle fiel mir etwas ein. In einem Buch über das Leben berühmter Habsburger stand einmal Folgendes zu lesen, und ich halte das in Österreich, aber nur hier, wirklich für möglich: Kronprinz Rudolf hat erst sich und dann Mary Vetsera erschossen.