Hinkende Freiheit
Von Andreas Schwarz
Selbstüberschätzung und Übertreibung sind dem Österreicher ja nicht fremd, vom Sport (wir sind Ski) bis zur Politik (Kanzler, die übers Wasser gehen). Und so rief nun ein Krawallblatt mit dem Gestus der historischen Stunde vom Balkon der Übertreibung: „Österreich ist wieder frei“ – in Anlehnung an den Ruf zum Staatsvertrag, der so nie vom Balkon des Belvederes erschallte.
Anlass? Dass die Sperrstunde am Samstag von 22 auf 24 Uhr verlegt wird; dass eine Woche danach auch ohne 2-G nach Herzenslust geshoppt werden kann; und dass wieder eine Woche später schon einmal Nasenbohren zum Besuch in der Gastro reicht. Zur Feier des Höhepunkts der Omikron-Welle, die dann (hoffentlich) endlich abebbt.
Ja, wir haben zwei Jahre viel erleiden/erdulden müssen – und dabei oft auf hohem Niveau gejammert. Den ungeimpften Gang zum Wirten und ins Einkaufszentrum aber mit der Freiheit nach den Kriegs- und Besatzungsjahren vor 1955 zu vergleichen, das hinkt dann doch sehr kräftig
andreas.schwarz@kurier.at