Kolumnen

Fabelhafte Welt: Direktorin eines Kleintierzoos

Mein erster Job war Direktorin eines Kleintierzoos aus Kaninchen, Hamster, Meerschweinchen und einem Wildtier. Mein Kater, ein langbeiniger Findling namens Mischa, liebte es nämlich, mein Brüderchen bei elterlicher Abwesenheit in die Zehe zu zwicken. (Etwas, das ich natürlich auch liebend gern getan hätte, mich aber nicht traute. Anders als Mischa war ich nicht binnen zehn Sekunden in einer Baumkrone.) Mischas Zehenzwicken sorgte dafür, dass mein Bruder Besucher des Kleintierzoos blieb und sich nicht beim Ausmisten der Ställe beteiligte. Ich wollte ihn ja einstellen und anlernen, man weiß ja nie, wann man was später braucht. Stattdessen schlug meines Bruders Zoo-Antipathie in eine Hygiene-Obsession um. Wenn er uns besuchen kommt, bringt er Wechselgarderobe mit, in der er den Hund streichelt. Danach geht er sich duschen, zieht sich um und hält fortan Abstand. Was den Hund leider motiviert, heranzurobben und ihm aus dem Hinterhalt Hände oder Füße abzulecken. Erfolgreiche Leckattacken merkt man daran, dass mein Bruder aufspringt und fluchend ins Bad stürmt. Wir verbrauchen SEHR viel Seife, wenn er zu Gast ist. Im gemeinsamen Skiurlaub sorgte sich Bruderherz sogar um indirekten Hundekontakt. Dass zum Beispiel jemand während der Essenszubereitung den Hund streichelt. Somit verbrachte er einen Gutteil des Urlaubs zwischen Küche und Esstisch, um Desinfektionsmittel zu verteilen. Eigentlich arbeitet mein Bruder im Bankensektor. Kommt eine Krise, hätte er eine super Berufsalternative: Hygiene-Manager. Nach dem Urlaub eröffnete sich ihm allerdings ein großes Problem. Seine Freundin hat beschlossen, zwei Katzen zu adoptieren. Die, wie mein Bruder entsetzt feststellte, bei Wohnungshaltung ein Katzenklo benötigen. Er hätte also doch früher in meinen Zoo einsteigen sollen. Man weiß ja nie, wann man was später braucht.

vea.kaiser@kurier.at