Der rumänische Kitschmoment in Bukarest: buntes, hüpfendes Wasser im Gesicht
Von Axel Halbhuber
Vielleicht wäre alles ganz einfach. Vielleicht müssten wir uns nur wieder auf etwas mehr Kitsch einlassen, um den Katastrophen und der Katastrophenstimmung etwas entgegenzuhalten. Nicht, dass sich damit alle Probleme lösen ließen, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass wir einigen Sorgen, die uns plagen, ein Lächeln zuwerfen sollten. Ironischer Pragmatismus statt des beliebten Hanges zur Aufregung täte der Menschheit ja nicht schlecht, oder?
So suhlte ich mich am vorigen Wochenende im Kitsch der Springbrunnen-Lichtershow am Piata Unirii in Bukarest. Dieser „Vereinigungsplatz“ ist immer voller Trubel, weil sich hier große Straßen, U-Bahn, Busse und Straßenbahnen treffen. Aber jeden (sommerlichen) Freitag, Samstag und Sonntag Abend wird er gesperrt, damit Tausende sich einer einstündigen Darbietung hingeben können, bei der Musik (richtig gute alte Hadern) und Farblichter (Rotgelbgrün zu Reggae, Lyrischblau zu Lovesongs) eine aufwendige Choreografie der riesigen Springbrunnen auf dem Platz umrahmen. Hunderte Fontänen spritzen hoch und kreuz und quer, lassen Kuppeln entstehen oder tanzen in Schlangenlinien. Menschen stehen zwischen den verschiedenen Becken oder rund um den Hauptbrunnen in der Mitte. Und sie staunen. Kleine Tränen mischen sich zu den Tropfen der Springbrunnen-Gischt im Gesicht. Wasser und buntes Licht, es ist ein harmloses Spektakel, aber es hat eine Wucht.
Schließlich ertönt am Ende die Europahymne und dazu sind alle Wasserstrahlen in Gelb-Blau getaucht, wohl wegen der Solidarität zur Ukraine. (Es könnte natürlich auch eine Sympathiebekundung für Niederösterreich, Schweden oder den wunderbaren First Vienna Football Club sein, aber ich glaube, es geht um die Ukraine)
Und da stand ich und dachte mir: Jetzt wird es aber zu kitschig.
Und dann nahm ich mich gedanklich an der Nase und sagte zu mir: Nein, genau so gehört das. Vielleicht brauchen wir alle wieder mehr solche Momente. Freuen uns an dem, was wir haben. Am Kitsch, ohne Häme. Vielleicht brauchen wir Reisende das, wir Menschen brauchen das.
Vielleicht wäre dann alles vielleichter.