Die Angst des Menschen auf der Couch
Von Anja Kröll
Wer sich als mittelalter Mensch mit der Jugend unterhält, trifft mitunter auf Worte, die man zwar schon einmal gehört, aber genau so schnell wieder vergessen hat.
Eines davon: FOMO! Meinte letztens das gar nicht mittelalte Gegenüber: „Gott, da hab ich so FOMO vor!“
Obwohl Ostern bevorsteht, aber Gott in diesem Zusammenhang wenig Erleuchtung brachte, googelte ich. FOMO bedeutet nichts anderes als Fear of missing out. Auf gut Deutsch: Die Angst, etwas zu verpassen. Und da Recherche eine Berufskrankheit ist, weiß ich nun, dass im Cambrigde Dictionary der Begriff wie folgt beschrieben wird: „das unbehagliche Gefühl, dass man spannende Events verpassen könnte, an denen andere Leute teilnehmen, oft hervorgerufen durch Beiträge auf Social-Media-Kanälen“.
Das Ganze können Sie sich in etwa so vorstellen. Sie liegen kommendes Wochenende im Pyjama und völlig erschöpft vom Fressgelage mit Osterschinken und Schoko-Hasen auf der Couch. Knapp bevor Sie in den nachösterlichen Dämmerzustand verfallen, schauen Sie sich noch die tollen Fotos ihrer Freunde in sozialen Medien aus dem Osterurlaub an.
Diese Fotos zeigen Powder-Abfahrten und Aperol-Spritz-Gläser aus der hippen Hipster-Location. Und genau in diesem Moment befällt Sie und Ihren Pyjama auf der Couch die Panik, etwas zu verpassen.
Sie könnten jetzt natürlich panisch den Freunden nachreisen oder selbst Aperol-Gläser posten. Oder Sie setzen einfach auf JOMO. The Joy of missing out. Also die bewusste Freude am Versäumen.
Und in diesem Freudentaumel über das Nichts können Sie ein Foto von sich, praller Wampe und Pyjama in Einhornoptik posten. Nicht für Likes, sondern getreu dem Motto: „Erzähl mir keinen Holler!“ Weil, wie echt ist Insta? Wer nun an Holler-Saft denkt, dem sei nicht das Cambridge Dictionary, sondern das Wiener Beisl empfohlen.