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Jugendliche bauten einen kleinen Straßengarten - an einem Tag

So gegen 18 Uhr war am Montag der kleine hölzerne Garten an der Ecke Hetzgasse/Untere Weißgerberstraße mit ersten Blumen bestückt. Zufrieden, stolz und doch auch erschöpft ließen sich Jugendliche, Organisatorinnen und der Tischler auf die Eckbänke nieder. Sogar einen kleinen Tisch hatten sie fabriziert. Und das alles innerhalb eines einzigen Tages.

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Einfahrt als Werkstatt

Zum Glück bietet die Einfahrt im Haus 41 in der Unteren Weißgerberstraße viel Platz. So konnten die Start-Stipendiat_innen Mariam, Ebru, Sara, Sakaria und Mohamad sowie die beiden bei Start angestellten Mitarbeiterinnen Anna und Katrin – tatkräftig unterstützt und angeleitet vom Tischler Dominik in den Stunden des teils heftigen Regens die Bretter zurecht sägen, zusammenschrauben, abschleifen und was sonst noch indoor vorbereitet werden konnte.

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Aufbau

Kaum war es trocken – zumindest von oben, der Boden war noch ziemlich feucht -, trugen die Handwerker_innen für einen Tag die zuvor angefertigten Teile ins Freie. L-förmig wurden die hölzernen Doppelwände aufgestellt. Dazwischen sollten die Wannen für Erde und Blumen platziert werden. Da und dort noch weitre Bretter anschrauben. Die eine oder andere Schraube wieder rausdrehen, weil nicht alles aufs erste passt. Andere Bretter zu Bänken zusammenschrauben… Reihum wechselten die Akku-Schrauber. Auf diese Arbeit sind die meisten ziemlich erpicht, insbesondere Mariam legt sich dabei ins Zeug.

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Neue Erfahrungen

Für die meisten sei dies eine ziemlich neue Erfahrung. Nur Sakaria als HTL-Schüler hat einschlägige Vorerfahrung – und dementsprechend ist er Vorbild, erklärt seinen Mit-Stipendiat_innen was zu tun ist. Mariam wäre selber gerne in eine HTL gegangen, macht aber jetzt doch die AHS fertig, „aber nach der Matura möchte ich schon ein Kolleg besuchen. Jetzt weiß ich aber noch nicht, ob doch in einer HTL oder lieber in einer HAK“, vertraut sie dem Kinder-KURIER an. Mohamad findet diesen Tag mit kräftiger Handarbeit eine willkommene Abwechslung beim Lernen für die Aufnahmsprüfung fürs Pharmazie-Studium.

Während Katrin mit ihrem Auto in den nächsten Baumarkt fährt, um Blumenwannen, Erde und ein paar Blumen zu holen, serviert Anna den Handwerker_innen Kaffee, Wasser und Kekse.

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Aufblühen

Beim Einsetzen scheint Ebru richtig mit den Pflanzen aufzublühen. Fast verklärt, buddelt sie Gruben in die zuvor reingeschüttete Erde, um die bunten Blumen zu platzieren.

Apropos Blumen: Der Kinder-KURIER hatte zwei große Sonnenblumen mitgebracht – Mitbringsel vom Abend davor – von der Roma-Gedenkveranstaltung am Ceija-Stojka-Platz. Sonnenblumen waren die Lieblingspflanzen der 2013 verstorbenen Malerin, Dichterin, Zeitzeugin als eine der wenigen Überlebenden dreier Konzentrationslager der Nazis. Diesen Blumen hat sie auch ein Gedicht gewidmet.

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die sonnenblume ist die blume des rom.
sie gibt nahrung, sie ist leben.
und die frauen schmücken sich mit ihr.
sie hat die farbe der sonne.
als kinder haben wir im frühling ihre zarten,
gelben blätter gegessen und im herbst ihre kerne.
sie war wichtig für den rom.
wichtiger als die rose,
weil die rose uns zum weinen bringt.
aber die sonnenblume bringt uns zum lachen.

Ceija Stojka, 23. Mai 1933 bis 28. Januar 2013

Löcher bohren

Noch davor hat sie – auf Anraten des Profis Dominik – Löcher in den Boden der Blumenwannen gebohrt: „Damit das Wasser unten abrinnen kann.“ Genau aus demselben Grund wurden auch die Bretterwände auf Keile gestellt – damit sie nicht in Gieß- oder Regenwasser stehen.

Knapp vor dem Ende dieses Arbeitstages kommen auch noch zwei weitere Stipendiatinnen, die den ganzen Tag gejobbt haben – Mariam und Jovana und suchen nach Tätigkeiten, die sie doch noch ausführen können.

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Oasen

„Grätzloase“ nennen die Start-„Stipis“ ihr Projekt. In einem Workshop haben sie und weitere Jugendliche dieses Programms, das engagierte Schüler_innen mit Migrationsgeschichte mit Bildungsgeld, Laptop samt Internetzugang und vor allem Workshops unterstützt, diesen kleinen Garten besprochen und geplant. Die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen haben den nicht unbeträchtlichen bürokratischen Hürdenlauf absolviert. Immerhin musste ja ein Parkplatz „geopfert“ werden. Ein Vorhaben das der Bezirksvorsteher der Landstraße (3. Bezirk, in dem dieser Ort liegt, weil in dem Eckhaus das Projekt sein Büro hat – geteilt mit anderen Initiativen.

Recycling

Eine kleine Oase inmitten der Wüste abgestellter Autos – so könnten diese kleinen hölzernen Mini-Gärten mit Blumen genannt werden. Rund 100 solcher gibt es in ganz Wien, schätzt Tischler Dominik. Der karrt übrigens Werkzeug und Kleinmaterial per Lastenfahrrad mit e-Motor zu seinen Baustellen. „Ist einmal mehr zu transportieren, dann engagiere ich eine Spedition, ich hab gar kein Auto“, berichtet er. Und merkt auch noch an, dass diese gesamte Grätzloase ein einziges Recycling-Produkt ist. Alles Holz stammt von einem völlig anders gestalteten ebensolchen temporären Straßengarten.

Follow@kikuheinz

Start-stipendium.at

Romano-centro -> Ceija Stojkas Sonneblumengedicht

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