Kiku

Gemeinsam tanzen – selbst wenn nur online – gegen Corona-Koller

Sie hat schon sehr jung spannende, innovative Theaterprojekte – nicht zuletzt auch mit Jugendlichen - in Wien inszeniert, verabschiedete sich von der Theaterwelt und von Wien und begann eine Weltreise – schreib über die eine oder andere Station für die Homepage von fm4 und verfiel dabei dem Tanz. Seit Tag 1 von Corona lädt sie zum Online-„rocken“ auf – „We rock Corona!“ , bietet auf diesem Weg nun aus Buenos Aires (Argentinien) auch Workshops gegen den Lagerkoller durch die Pandemie an: Valerie Kattenfeld (36, "aber ich fühl mich wie 26").

„Wie kam’s vom Theater zu Tanz-Workshops?“, wollte der KiKu von Kattenfeld wissen
Valerie Kattenfeld: Auf meiner Weltreise (vor allem in Indien durch Tantra und Biodanza) bin ich drauf gekommen, dass mich Prozesse mehr interessieren als fertige künstlerische Produktionen. Seither hab ich nur noch Workshops gemacht und mich nun auf Tanz spezialisiert.“

Körper-Begegnung

KiKu: Warum Tanz und nicht mehr Theater?
Kattenfeld: Weil wir alle einen Körper haben und das der kleinste gemeinsame Nenner zwischen allen Menschen ist. Für mich ist die Körper-Begegnung die wahrhaftigste die es gibt und ich durfte es schon vielfach erleben, wie Menschen sich mehr geöffnet haben, einander vertrauen, an Selbstbewusstsein gewinnen, kreativ sind, ihr inneres Kind leben, empathisch sind - das geht alles über den Körper!

KiKu: Du schreibst von Bio-Tango, was ist das?
Kattenfeld: Bio-Tango ist eine Methode, die ich entwickelt habe: Tango Argentino mit den Tools von Biodanza lernen. Biodanza wurde in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts vom Chilenen Rolando Toro gegründet, ich studiere hier in Buenos Aires bei seiner Tochter Veronica Toro. Es bedeutet, das Leben zu tanzen und das, was wir im Tanz erfahren, dann wieder hinaus ins Leben zu tragen.

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Weniger Technik, mehr Gefühl

KiKu: Worin unterscheidet sich Tango von Bio-Tango?
Kattenfeld: Der Zugang zu Tango ist meist technisch. Bio-Tango ist das Gegenteil: Aufbauend auf den fünf (Biodanza-)Säulen Vitalität, Kreativität, Affektivität, Sexualität und Transzendenz erforschen wir den Tango als Feld für Selbstreflexion und persönliches Wachstum. Unsere Gefühle zum Ausdruck bringen, Bewegung mit Bedeutung versehen, Beziehungen vertiefen und sich noch tiefer in die Umarmung einlassen. (Die Umarmung ist die Basis von beiden Disziplinen - Biodanza und Tango.

Kattenfeld erzählt noch, dass sie Biotango schon in Argentinien, England, den USA, den Niederlanden und zuletzt in Österreich unterrichtet hat.

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Und in der Isolation?

KiKu: Das klingt/liest sich alles ziemlich widersprüchlich zur aktuellen „eingesperrten“, isolierten Situation. Apropos, wie ist die Situation in Buenos Aires bzw. in Argentinien aktuell?
Kattenfeld: Hier ist alles noch strikt zu, wir dürfen nur zum Einkaufen raus. Jetzt gibt’s sogar eine neue Beschränkung: Nur mehr sogenannte Frontline-Worker, also die allerwichtigsten Berufe, dürfen ihre Öffi-Plastikkarte benutzen. In den Provinzen gibt es schon ein paar Lockerungen, ein Freund in Rosario war neulich in einem Café. Es wird alles immer stückerlweise für weitere zwei Wochen verlängert, derzeit bis 24. Mai.

Jetzt in der Quarantäne sind wir bewegungsloser als vorher, aber das tut uns nicht gut, weil wir so viel in uns tragen, das wir durchs Bewegen leichter verdauen könnten: Nachrichten, Angst, Stress, Einsamkeit, Traurigkeit - das setzt sich gerne fest, vor allem durch rotierende negative Gedanken. Wenn wir uns aber bewegen und tanzen kommen wir vom Kopf in den Körper. Ich brauche das selbst jeden Tag und deshalb teile ich es mit der Welt, weil ich will, dass das, was mir guttut, auch den anderen guttun kann! Auch die Online-Community tut uns gut.

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Sogar berührende Online-Momente

KiKu: Aber mit Umarmung ist’s doch ein bissl schwer, oder?
Kattenfeld:Klar, mit Umarmung ist jetzt nix. In meinen „real life“-Klassen geht es sehr viel um Berührung und Begegnung, aber die Online-Sachen sind anders aufgebaut. Da geht‘s vor allem um die Arbeit an uns selbst, unserem Charakter, unserer Einstellung zum Leben, wie wir an die Dinge herangehen. „We rock Corona“ richtet sich an ein breites Publikum, d.h. es ist nicht Tango-spezifisch. Eine Woche hab ich aber schon mit Tango-Elementen gearbeitet.

Dass wir als menschliche Wesen Zärtlichkeit und Berührung brauchen, ist ein großes Thema in der Quarantäne, und ich bringe das in den Videos beispielsweise durch die Selbst-berührung mit ein.  In den Online-Video-Klassen kann man auch überraschend intensive Verbindungen zu anderen über den Blickkontakt am Screen erleben.

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Kickstarter

KiKu: Nachdem du üblicherweise von Workshops lebst, funktioniert das auch online?
Kattenfeld: Finanziell ist Corona natürlich auch für mich wie für viele Freischaffenden eine Katastrophe - alle Workshops und Festivals abgesagt. Auch im authentischen Tango-Tourismus arbeite ich - das ist jetzt natürlich sense!

„We rock Corona!“ ist ebenso mein Versuch, mich vor dem ökonomischen Totalzusammenbruch zu retten, nachdem alles abgesagt. Außerdem läuft noch ein Kickstarter-Projekt bis 19. Mai, 18.56 Uhr Dabei gilt das „All or Nothing“-Prinzip. Schaffe ich mein Ziel von 3000 € nicht, bekomme ich nichts. „We rock Corona!“ hat bereits rund 3/4 Finanzierung geschafft.

Übrigens gibt’s als Dankeschöns tolle Preise: Texte, online-Tangostunden, Movement Coaching und sogar einen Buenos-Aires-Urlaub.

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