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Baut endlich ein Mahnmal für die Roma-Opfer des Holocaust!

Fast 3000, neuere Forschungen besagen sogar rund 4.300 Roma, Sinti, Lovara, Jenische wurden vom 2. auf den 3. August 1944 in der sogenannten „Zigeunernacht“ im Vernichtungslager Auschwitz ermordet. Seit 2015 ist daher der 2. August – vom Europaparlament beschlossen – der internationale Gedenktag an den Holocaust an dieser Volksgruppe, dem mindestens eine halbe Million Menschen zum Opfer gefallen sind.

Seither findet in Wien-Neubau an dem nach der Malerin, Autorin und vor sieben Jahren verstorbenen aufrüttelnden Zeitzeugin Ceija Stojka benannten Platz eine Gedenkveranstaltung statt. Auch heuer (Sonntagabend) – unter Corona-konformen Bedingungen.

Unter dem Mix aus künstlerischen Beiträgen – Liedern und vor allem Gedichten von Ceija Stojka - und Reden fiel zweierlei auf: Fordernde Ungeduld und ein noch breiteres Bündnis der Zivilgesellschaft: Black Lives Matter und „Omas gegen Rechts“.

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Wieso ladet nicht das Parlament ein?

„Wieso müssen wir jedes Jahr am 2. August politische Forderungen stellen? Wieso können wir im Jahr 2020 noch immer nicht an einem zentralen Mahnmal unserer Toten gedenken?“, sagte etwa – in durchaus sanftem Ton – der junge Roma-Aktivist Samuel Mago, der die Veranstaltung mit Liedern – u.a. einem vertonten Gedicht Ceija Stojkas eröffnet hatte.

Und sprach damit an, dass seit vielen Jahren ein Mahnmal für die 500.000 ermordeten Roma gefordert wird.

„Sami“ fragte aber auch: „Wieso werden Politiker und Politikerinnen am 2. August von der Roma-Zivilgesellschaft zum Gedenken geladen, und nicht die Roma-Zivilgesellschaft vom österreichischen Parlament?

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Österreichische Geschichte

Wieso wird die Geschichte meiner Volksgruppe behandelt, als wäre sie keine Österreichische? Die Republik Österreich, ein Staat, der am Völkermord an unserer Volksgruppe erhebliche Mitschuld getragen hat, zwingt uns mit seiner Ignoranz und Untätigkeit dazu unsere Trauer zu einem Politikum zu machen. Zu einem Politikum, über das einmal im Jahr gesprochen, und seit 76 Jahren geschwiegen wird.“

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Sogar Erreichtes wurde zurückgedrängt

Marion Dworzack , stellvertretende Obfrau des Vereins "Voice of Diversity" (Stimme der Vielfalt"), erinnert gar daran, dass immer wieder auch schon Erreichtes zurückgedrängt/gestellt werde. So habe die damalige Staatssekretärin, spätere EU-Parlamentsabgeordnete und jetzige Ministerin Karoline Edtstadler versprochen, sich dafür einzusetzen, dass der Roma-Gedenktag auch von Österreich ratifiziert, also offiziell anerkannt werde. Nichts passiert.

Außerdem würden immer wieder bei diversen Gedenktagen und -feiern (etwa zum Kriegsende am 8. Mai) Roma als Opfergruppe nicht erwähnt.

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Bündnis noch breiter: Black Lives Matter

Was aber schon gelungen ist: Das Bündnis wird breiter. Schon vor zwei Jahren hoffte Benjamin Hess, Vertreter der Jüdisch Österreichischen HochschülerInnen, dass bald (fast) jede und jeder bei der Zahl von 500.000 ebenso an die vom Nazi-Regime ermordeten Roma denke wie bei sechs Millionen an die jüdischen-Holocaust-Opfer. Heuer trat die stellvertretende Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt, die Ärztin Marielle Adiet Ngosso bei der Veranstaltung auf – aber vor allem als federführende Aktivistin der Black Lives Matter-Bewegung in Österreich. Sie habe zufällig, erzählt sie in ihrer Rede, im Alter von 12 Jahren in der Bücherei eines der Bücher von Ceija Stojka in die Hand bekommen und begierig gelesen. Sich aber gewundert, von den ermordeten Roma in der Schule nie etwas gehört zu haben. Obwohl viel über den Holocaust geredet worden war.

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Mund aufmachen!

Das Bündnis aller Diskriminierten brauche es – gegen die Angriffe von Rechts, aber auch um eigene Forderungen durchzusetzen – etwa das oben schon genannte zentrale Mahnmal ebenso wie die offizielle Anerkennung dieses Gedenktages. Und es brauche die Zivilgesellschaft – jederzeit und überall gelte es, „den Mund aufzumachen und Angegriffene nie allein zu lassen!“

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Videobotschaft des Bundespräsidenten

Die breite – vor allem von sehr vielen jungen Leuten getragene – Bewegung gegen Rassismus gebe ihm auch Hoffnung, Tendenzen zur Ausgrenzung und Diskriminierung Widerstand entgegenzusetzen, meinte Bundespräsident Alexander Van der Bellen in seiner Video-Grußbotschaft.

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Vizebürgermeisterin

Die live anwesende Wiener Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (die auch schon vor dieser Funktion fast jedes Jahr bei der Gedenkveranstaltung war), zitierte nicht nur Ceija Stojka, sie „verstehe auch den Ärger“ Samuel Magos, dass es noch nicht einmal ein Mahnmal gebe, das es schon längst geben müsste, versprach aber, Initiativen dafür zu unterstützen.

„Khetane Zurale“/Together Strong/Gemeinsam sind wir stark – unter diesem Motto stand die Gedenkveranstaltung in diesem Jahr.

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