Aufstieg und Fall einer Prinzessin
Von Heinz Wagner
Die einen warten gespannt, halten ständig Ausschau. Sie sind extra gekommen, um die angekündigte Performance „Princess – ein Zustand“ zu erleben. Andere – solche, die in Gastgärten sitzen und andere, die zufällig vorbeikommen – wundern sich: Zunächst über die auf dem leeren Platz Wartenden, später über das Auftauchen einer jungen Frau in weißem Tüll – ist’s eine Art Brautkleid? Oder Prinzessinnenkostüm wie aus dem Kinderzimmer?
Prinzessinnenhügel
Eine nach der anderen taucht am Rande des Platzes in dieser Einheitskleidung auf, äußerlich unterschieden nur durch Gesichtsbemalungen. Wie die erste sich auf den Boden legt, so gesellen sich die anderen eng an- und übereinander geschlichtet dazu. Minutenlang verharren sie als kleiner Berg, bevor sie sich tänzerisch zu entwirren beginnen. Anfangs tanzen die sechs Performerinnen fast nur im Liegen, erobern nach und nach den Platz.
Roboterinnen und Aufstand
Nun schalten sich Geräusche aus der Lautsprecherbox dazu – maschinenartige wie ein Uhrwerk, die Tänzerinnen mutieren zu menschlichen Roboterinnen. Um mit/zu Musik, in die die Geräusche übergehen, sich befreiter bis schließlich wild – durchaus individuell, unterschiedlich - zu bewegen. Befreiung aus der (maschinell) gleich gefertigten Rolle.
Keine glatte Story
Doch so einfach machen sich’s die Tänzerinnen und sie damit dem Publikum nicht: Keine einfache, gerade Ausbruchs-Befreiungs-Story aus weiblichen Klischees.
Momente später stehen sie wieder in Reih und Glied, die Hände über dem Kopf zu Krönchen geformt. Danach sogar in ziemlich gebückten Haltungen.
Denkmal und …
Eine bleibt „prinzessinnenhaft“, verharrt in dieser Rolle, die anderen fünf Tänzerinnen brechen in schallendes Gelächter aus – über ihre eigenen verbogenen Haltungen und ihre Kollegin, die weiter Prinzessin sein will – oder sich in einem Dornröschenschlaf befindet. Sie versammeln sich wieder in einem Haufen ähnlich wie zu Beginn. Die sechste schreitet fast majestätisch heran, besteigt den Berg, erhebt sich zu einer Prinzessinnen-Statue mit Krönchen-Händen.
Bevor noch Bedauern des Publikums ob dieses Bildes richtig einsetzen kann, zerfällt die Statue.
Interviews
Choreografin Seeleitner und die beiden Tänzerinnen Deac und Mégier erzählen dem Kinder-KURIER nach der Performance am Siebenbrunnenplatz, Ausgangspunkt bei der Entwicklung sei Frau-Sein, Frauenrollen und Klischees gewesen. „Es war jedenfalls ein gemeinsames Entwickeln der Performance“ (Anne Mégier). „Wir haben in den Proben jede unsere eigene Prinzessin in sich improvisiert“, so Manuela Deac.
„Es geht natürlich auch um Fragen von Macht – und dass es nichts bringt, wenn Frauen nur dieselben patriarchalischen Mechanismen anwenden, diese Herrschaftsformen sollten überwunden werden“, so Gabriele Seeleitner abschließend im Gespräch mit dem Kinder-KURIER.
Warum ein Bubenname?
Bleibt noch eine Frage, die nach dem Gruppennamen – sechs Frauen, mit der Choreografin sogar sieben, die sich einen Kollektiv-Bubennamen gaben. Das hat der Kinder-KURIER schon bei einer früheren Performance erfragt und dies Antwort bekommen: In einem Workshop für Kinder trug en Bub einen Sticker mit „KLAUS“, die Tänzerinnen hatten noch keinen Gruppennamen und so kam’s.
Princess – ein Zustand
Tanz-Performance im öffentlichen Raum
Kollektiv KLAUS
Konzept und Choreographie: Gabriele Seeleitner
Tänzerinnen: Natalie Campell, Manuela Deac, Welmoed Kollewijn, Anne Mégier, Ella Necker, Julia Riederer
Musik: Julian Siffert
Wann & wo?
26. Juni 2020, 20.30 Uhr
1150, Leopold-Mistingerplatz
kostenlos
klaustanzt -> princess