„Anstoß“ zu einem Theaterstück rund um und mit Sport
Von Heinz Wagner
„Gemma, gemma, Zack, auf und nieder, schneller, nicht so lasch, wenn ihr was erreichen wollt’s müsst’s ihr mehr und härter trainieren, die anderen Nationen machen das. Glaubt’s ihr, ich mach das für mich? Nein, ihr wollt’s das. Na, wie der zugenommen. Schau, die
Lisa macht das vorbildlich. Lisa komm und zeig das vor...“
Die Trainerin in weißer Olympia-Jacke mit roten Bögen geht auf und ab, hin und wieder auch zwischen den Trainierenden durch, zeigt kurz die jeweiligen Übungen vor – von Kniebeugen, Klappmessern, Bauch- oder Rückenstreckern bis zu Links-Rechtsbeugen im Spagat sitzend. Dann geht sie auf und ab, zwischen den Trainierenden hindurch. Alles im Kommandoton, mitunter auch die eine oder den anderen niedermachend.
Echte Sprüche
Das soll sie, hatte Regisseur Jakub Kavin der „Trainerin“ Caroline Weber mit auf diese Proben-Einheit gegeben.
Sie kramte in ihren Erinnerungen an ihre spitzensportlich aktive Zeit. Die nunmehrige Schauspielerin war zweifache Olympia-Teilnehmerin in rhythmischer Sportgymnastik und 55-fache österreichische Staatsmeisterin. „Ich hab mich aber zurückgehalten, ich hab ja nicht gewusst, was ich euch zumuten darf“, meint sie. Es war die erste körperliche Probe für das
Stück „Anstoß“. „Rhythmische Sportgymnastik wo wir auch viel mit Balletttrainern gearbeitet haben, ist nicht so weit entfernt vom Theater und so hab ich nach der Sportkarriere eine Schauspielausbildung gemacht“, sagt sie dem Kinder-KURIER.
Während der körperlich sehr fordernden Übungen geben in unregelmäßigen Abständen einzelne der Protagonist_innen Texte zum Besten, womit sie noch mehr außer Atem kommen. Die 14-jährige Tabea Stummer schildert, was ihr am Sport so taugt. Elisabeth Halikiopoulos zitiert den englischen Text einer Schwimmerin, die in einer Organisation gegen sexuellen Missbrauch im Sport arbeitet. Lisa Neumaier schlüpft in ihre Stückrolle als Hermann Maier. Peter Matthias Lang zitiert philosophische Weisheiten wie „Wer andere besiegt, hat Kraft. Wer sich selbst besiegt, ist stark!“ und Corinna Orbesz prangert an, dass Frauen auch im (Spitzen-)Sport viel mehr leisten müssen, um anerkannt zu werden und dann dennoch viel weniger verdienen.
Schülerin
Eine der Mitwirkenden ist Tabea Stummer. Die 14-jährige Waldorf-Schülerin (Wien-West) wurde vom Regisseur bei einem Theaterprojekt der Schule entdeckt, wo sie in Shakespeares „Sommernachtstraum“ die Hermia spielte. „ich spiele schon seit dem Kindergarten Theater, eher so in kleineren Aufführungen. Meine ersten größeren Rollen waren die Pamina und die Papagena in der Zauberflöte – da war ich 12 und vor ein paar Monaten eben im Sommernachtstraum. Ich spiel gern Theater, es macht mir großen Spaß, in andere Rollen rein zu schlüpfen.“
Der Regisseur hielt sie nicht nur schauspielerisch für sehr talentiert, sie bringt auch die zweite Seite für dieses Stück mit. Tabea Stummer trainiert Leichtathletik in einem Verein – „so ziemlich alles, laufen, springen, werfen eher weniger (Diskus, Speer)“ Seit zwei Jahren betreibt sie diesen Sport intensiv, für den sie zwei Mal wöchentlich trainiert. Davor hatte sie schon geturnt und später Volleyball gespielt. Darüber hinaus betreibt sie Turnen nun als Lehrerin für junge Kinder im Verein. Und so „nebenbei“ spielt die Jugendliche noch Klavier und singt in einem Chor.
Viele Theaterformen
Das trifft sich insofern gut, als der „Noah“ der TheaterArche und ein Teil der Gruppe, die schon in verschiedenen früheren Produktionen gemeinsam gearbeitet hat, Sprech-, Tanz- und Musiktheater verbinden will und neben szenischen auch chorische Elemente einbauen will. Das Stück wird zusammengehalten von Fakten rund um die größten Sportspektakel des heurigen Jahres. Beleuchtet werden sollen dabei vor allem Ereignisse hinter den Kulissen.
Premiere 2019
Premiere wird am 29. Jänner 2019 sein – zeitgleich mit dem Night-Race, dem Flutlichtslalom in Schladming. Rund 20 Jahre nach der Premiere von „Ein Sportstück“ der späteren österreichischen Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek sei es wieder einmal Zeit für ein Theater zu diesem Thema auf den „Brettern, die die Welt bedeuten“. Das dachte sich Jakub Kavin, Herz und Seele der kleinen, feinen Gruppe „Theater Arche“. Die spielt – meist beim Theater Delphin (Blumauergasse, Wien-Leopoldstadt) engagierte, gesellschaftspolitisch relevante Stücke. Schattenseiten, Auswüchse von Spitzen-, Macht- und sexueller Missbrauch auch im Nachwuchssport, ebenso wie gesellschaftliche, wirtschaftliche und mediale Verstrickungen, Aus- und Rückwirkungen – nicht nur die negativen sollen Themen sein. Trotz aller Nationalismen leistet Sport mitunter wirklich Beiträge zur Völkerverbindung und auch zur Integration von Zuwanderer_innen in die Mehrheitsgesellschaften. All das und noch viel mehr, „vor allem auch Humor“, so der Regisseur, wird Teil der Performance sein, die zwei Mal 45 Minuten dauern soll.
Stückentwicklung
Das Stück wird gemeinsam entwickelt, aus Improvisationen erarbeitet werden. Eine Kerngruppe probt ab sofort, weitere Schauspieler_innen werden gesucht. Bei der Auswahl achtet der Regisseur darauf, dass die meisten sowohl Schauspiel als auch Sportbezüge mitbringen – wie die schon erwähnte ehemalige Spitzensportlerin. Das Konzept beinhaltet auch, dass jeden Abend jeweils ein Gast, eine Gästin mit Sportbezug für einige Minuten auf die Bühne geholt wird.
Schauspiel und Sport
Im Folgenden seien die (Selbst-)Beschreibungen der schon feststehenden Mitwirkenden angeführt, wie sie auf der Website stehen über die - dazu weiter unten – in der Menge Geld gesammelt wird, um die Produktion der Gruppe, die bislang keinerlei Subvention bekommt, finanzieren zu können:
Judith Guadelupe Aguilar ist Schauspielerin und Fitnesstrainerin aus
Mexiko
Jörg Bergen, Schauspieler und ehemaliger Thai-Boxer
Shay Haimovitz: Schauspieler und Krav Maga Meister
Elisabeth Halikiopoulos: Schauspielerin und Sängerin
Elisabeth Kofler: Schauspielerin, ehemalige Turnierreiterin und Extremsportjunkie
Johanna König: Schauspielerin und Tänzerin
Bernhardt Jammernegg: Schauspieler, Sänger und „Es schneit? Is ma wuascht, ich fahr immer Rad!“- Radfahrer
Peter Matthias Lang: Schauspieler, ehemaliger American Footballer und geübt in asiatischen Kampfkünsten
Nagy Vilmos: leidenschaftlicher Theatermann und Ex-Fußballer
Lisa Neumaier: Schauspielerin, aufgewachsen auf Snowboards und dem Rücken diverser Pferde
Corinna Orbesz: Clownin, Performerin und ehemalige Kickboxerin
Johannes Scherzer: seit der Kindheit auf der Bühne und in Basketballschuhen unterwegs
Florian-Raphael Schwarz: Schauspieler und sportliches Multitalent
Tabea Stummer: hochbegabte Schauspielerin und Leichtathletin.
Crowdfunding
Dieses Projekt wird ohne Fördergelder durchgeführt werden. Die theaterbegeisterte Gruppe hat sich daher entschlossen, via Crowdfunding die nötigsten Dinge zu finanzieren - Proberaum- und Spielortmiete, Werbekosten, Bühnenbild und Kostüme. Wenn das gelingt, können die Eintrittsgelder zur Gänze bei den Künstler_innen bleiben. Das Crowdfunding läuft bis 13. Juli 2018 und reicht von einem ermäßigten Theater-Ticket (für 12 Euro) über T-Shirts, einen Kickbox-Helm (bei einer Spende von 120 €), einen Wohnzimmer-Lesung (200 €) bis zu Personal-Training (3 Einzelstunden mit
Caroline Weber bei 300 € Spende) oder Schauspielunterricht (12 Einzelstunden bei einer Spende von 600 €), einer Privatvorstellung des neuen Stücks für dich und 40 Gäste (700 €).