Gefühlschaos: Wo Vätern mit Wochenbettdepression geholfen wird
Anfang Dezember verkündete die britische Gesundheitsbehörde National Health Service (NHS), dass man künftig werdende und frisch gebackene Väter stärker unterstützen wolle. Konkret soll mit einem erweiterten Beratungsangebot sichergestellt werden, dass auch den Bedürfnissen von Vätern Rechnung getragen wird.
Väter, die während Schwangerschaft ihrer Partnerin oder nach der Geburt des gemeinsamen Kindes an Angstzuständen, depressiver Verstimmtheit oder noch schwerwiegenderen psychischen Problemen leiden, sollen demnach künftig niederschwellig und unbürokratisch professionelle Hilfe in Anspruch nehmen können.
Man wolle Männer, die sich mit den Herausforderungen der Vaterschaft überfordert fühlen, nicht länger sich selbst überlassen, hieß es in einer Aussendung. Damit einher gehe auch eine Entlastung der Mütter. Diese sollen sich so neben den fordernden Betreuungsaufgaben nach der Entbindung nicht auch noch intensiv der psychologischen Verfasstheit ihrer Partner widmen müssen.
Wenn die Freude übers Baby ausbleibt
Rund 15 Prozent aller Mütter kämpfen nach der Geburt mit psychischen Erkrankungen. Physische und psychische Belastungen und Hormonschwankungen können zu depressiven Verstimmungen führen, die unter dem Begriff postpartale Stimmungskrisen zusammengefasst werden. Je nach Schweregrad werden diese in das postpartale Stimmungstief ( Babyblues), die postpartale Depression sowie die postpartale Psychose eingeteilt.
Dass eine akute Überforderung – und die damit verbundene psychische Belastung – nach der Geburt eines Kindes auch frischgebackene Väter treffen kann, wurde in der Medizin und Wissenschaft lange Zeit nur am Rande thematisiert.
2015 stellten Wissenschafter der Oxford University aber fest, dass es eine Form von postnataler Depression bei Männern gibt, die jedoch ganz eigene Symptome aufweist. Während Wochenbettdepressionen bei Müttern überwiegend durch Angstzustände, Schlaflosigkeit und schwere Melancholie gekennzeichnet sind, scheinen Männer sich eher zurückzuziehen oder ein aggressives und selbstzerstörerisches Verhalten an den Tag zu legen.
Um das psychologische Phänomen genauer zu erforschen, suchten Mediziner der Universitätsklinik Frankfurt am Main vergangenes Jahr 300 Paare für eine entsprechende Studie. In einer Vorläuferstudie hatte sich gezeigt, dass 15 Prozent der Mütter und fünf Prozent der Väter nach der Geburt des Kindes Depressionssymptome entwickeln. Damit würden vor allem Symptome wie Verstimmtheit, Schlafstörungen und Antriebslosigkeit einhergehen. Ergebnisse der Erhebung liegen aktuell noch nicht vor.
Hilfe beim Psychologen suchen
Das weit verbreitete Phänomen der Wochenbettdepression kann medizinischen Studien zufolge durch professionellen Beistand in vielen Fällen geheilt werden. Auch Prävention ist demnach möglich. Der Rat eines Psychologen kann die Gefahr einer postnatalen depressiven Erkrankung um 40 Prozent verringern, wie eine Studie an der nordenglischen Universität Sheffield mit 4.000 jungen Müttern im Jahr 2009 ergab. Der Zuspruch durch andere Frauen kurz nach der Entbindung sei sogar in 50 Prozent der Fälle erfolgreich. Eine kanadische Studie, die 701 Frauen untersuchte, kam im gleichen Jahr zum selben Ergebnis.