Neapolitanische Pizza zum 2. Mal gelandet
Von Anita Kattinger
Viel Tamtam gab es um die Eröffnung der Wiener Pizzeria Pizza Mari anno 2008. Tenor: Darf denn eine junge, nicht auf den Mund gefallene Frau ohne gastronomische Vorkenntnisse ein Restaurant eröffnen? Klar, warum denn nicht. Das Konzept von Maria Fuchs hörte sich von Anfang an vielversprechend an – unverfälschte Pizzen wie in Neapel mit unverfälschten Zutaten. Bobos stürmten das Restaurant nahe des Karmelitermarkts und Chefin Maria Fuchs musste sogar hungrige Gäste am Abend wieder nach Hause schicken.
Mittlerweile wird niemand mehr hungrig nach Hause geschickt und ab morgen heißt es sowieso: Fliegende Untertasse gelandet. Das Schwestern-Lokal Disco volante eröffnet Gumpendorfer Straße Ecke Stumpergasse. Im Mittelpunkt der Pizzeria steht ein runder Holzofen in Form und Design einer riesigen, verspiegelten Disco-Kugel. Verantwortlich für das coole Innendesign zeigt sich Architekt Lukas Galehr vom Atelier Madame Mohr. Im Interview mit dem KURIER erzählt Maria Fuchs (33) von ihren Anfangsfehlern, vom klebrigen süditalienischen Mehl und von Nörglern in der Gastronomie.
Maria Fuchs:Gute Zutaten und jemand, der es kann. Das ist der einzige Posten in meinem Betrieb, den ich nicht ersetzen kann. Momentan beschäftige ich sechs Pizza-Bäcker, vier aus Neapel, einen aus Sizilien und einen aus Bari. Wir verwenden kein österreichisches Mehl für die Pizzen. In Italien wird ein anderer Weizen für das Mehl verwendet – Manitoba ist eine kanadische Weizensorte, die auch in Süditalien angebaut wird und beim Mahlen einen sehr hohen Kleber-Gehalt entwickelt. Dadurch wird der Teig so elastisch. Ich hätte das Mehl gerne in Österreich bezogen, aber es ist leider nicht möglich. Bei den Paradeisern ist es eh klar, warum wir diese nur in Süditalien kaufen können: Die Sonne macht es aus und der spezielle Nährboden des Vesuvs. Unser Büffel-Mozzarella kommt aus Apulien. Wegen der großen Menge kann ich leider keinen österreichischen Büffel-Mozzarella bestellen. Bei 200 bis 700 Kunden am Tag habe ich solche Ideen bereits aufgegeben.
Gibt es im neuen Lokal die gleiche Speisekarte wie im zweiten Bezirk?
Die Klassiker sind die gleichen, aber wir werden auch ein paar Überraschungen bieten. Die "Mari" kann es hier natürlich nicht geben, dafür kooperieren wir regional mit der Fleischerei Ringl, wir haben uns für einen Rinderschinken entschieden. Die Pizza mit dem Rohschinken von Tschürtz wird es auch hier geben.
Ich wollte mein zweites Restaurant unbedingt Disco volante nennen, was übersetzt fliegende Scheibe oder fliegende Untertasse heißt, auch ein Alfa-Rennwagen aus den 50ern hieß so, der wie eine Flunder aussah. Weil die Mitarbeiter beim Magistrat gemeint haben, dass der Name irreführend sein könnte, habe ich mir gedacht, dann könnte ich den Menschen gleich etwas Disco-mäßiges bieten und den Ofen verspiegeln. Der Architekt Lukas Galehr hatte dann die Idee mit einem runden Pizza-Ofen.
Seit wann spielen Sie mit der Idee, ein zweites Restaurant zu eröffnen?
Schon lange. Das leere Lokal habe ich bereits letztes Jahr gesehen, aber erst im Jänner haben wir den Mietvertrag unterschrieben. Und natürlich brauchten wir eine Genehmigung für den Holzofen. Ich freue mich schon wahnsinnig aufs Aufsperren. Im Zweiten hab ich damals eine Bruchbude übernommen, hier ist alles schön neu. Außerdem bringen wir Erfahrung mit und haben aus unseren Fehlern gelernt. Heute wundere ich mich darüber, dass wir damals überhaupt aufgesperrt haben und es funktioniert hat. Man darf das Ganze auch nicht zu ernst sehen, wenn es einmal nicht klappt. Es geht hier nur um Essen und nicht um eine Brückenkonstruktion, wo Autos ins Wasser stürzen könnten. Wenn etwas nicht funktioniert, muss man nachsichtig sein. Trotz der Investition von Geld, Engagement und Kraft, geht es letztendlich um Spaß. Es gibt in Österreich einfach Nörgler, die nicht glauben können, dass man seine Arbeit gerne macht.
Wenn man sich alte Artikel durchliest, wurde das Essen immer viel gelobt, aber der Umgangston ein bisschen kritisiert.
Kritiken sind mit Vorsicht zu genießen. Wenn es sich um eine Frau handelt, die noch dazu das Handwerk nicht gelernt hat, dann gilt man gleich als suspekt. Im Business wird man dazu gedrängt, eine Feministin zu werden. Wenn man sich Kritiken durchliest, dann macht jeder Mann etwas super, tolles Neues und jede Frau ist selbstverwirklicht und lebt ihren Traum. Im Endeffekt ist es immer eine unprofessionelle Beschreibung der Frau, die eigentlich etwas anderes gelernt hat. Gerade beim Service kann man immer einen schlechten Tag erwischen. Wir sind keine Lauda Air, wo man ständig grinsen muss. Kellnern ist ein harter Job, da darf man auch einmal gestresst sein. Noch dazu haben viele unserer Kellner einen anderen Hauptberuf. Kellner müssen sich bei uns nicht alles gefallen lassen.
Um beim Thema des Sexismus-Vorwurfs zu bleiben: Kann die unterschiedliche Sichtweise nicht daher kommen, dass Sie selber in Interviews gesagt haben, Sie sehen sich nicht als Wirtin? Wie sehen Sie sich heute?
Ich beziehe das eher darauf, dass ich nicht dazu geboren bin, jeden Tag in meinem Geschäft zu stehen und die Leute selber zu bewirten. Das mache ich nicht am allerliebsten. Am liebsten überlege ich mir neue Projekte, die Einrichtung, die Musik und die Uniformen. Mir schwirren dauernd neue Ideen im Kopf herum. Aber natürlich helfe ich die ersten Wochen hier mit und das andere Geschäft braucht ja auch noch Betreuung.
Also würden Sie sich eher als Geschäftsfrau bezeichnen?
Auch. Oder als Hausmeisterin. Oder als Personalmanagerin. Immerhin stocken wir von 23 auf 45 Mitarbeitern auf. Mich ärgert es auch auch, dass mich viele als Quereinsteigerin bezeichnen. Ich habe internationale Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Entrepreneurship und Innovation studiert, also ziemlich genau das, was ich gerade mache. Ich überlege mir Konzepte und setze sie um.