Leben/Essen & Trinken

Kürbiszeit: Mehr als nur Suppe

Der Kürbis ist die aufdringlichste unter allen saisonalen Zutaten. Bärlauch, Spargel, Wild und Schwammerln entkommt man zumindest beim Dessert. Aber die Gattung Cucurbita hat es sich zur Aufgabe gemacht, im Herbst jede Rubrik der Speisekarte zu erobern.

Der Einfalt nahezu aller Wirts- und Gasthäuser, dem Kürbis ab September ganze Wochen zu widmen, steht die Kreativität gegenüber, was mittlerweile daraus gemacht wird. Es lässt sich ja selbst aus der mäßig originellen Suppe mit Chili-, Ingwer-, Knoblauch- oder Curry-Aroma eine kleine Überraschung brauen. Noch besser sucht man sich Alternativen zu den Markt-Beherrschern Hokkaido und Butternuss.

Alternativen im Topf

So wie Heinz Reitbauer, Vierhauben-Chef im Steirereck: „Wir sind immer auf der Suche nach neuen Sorten. Kleine Bratkürbisse etwa, die man im Ganzen zubereitet. Spaghetti-Kürbis ist auch immer witzig.“ Den kann man im Ganzen zubereiten und das fasrige Fleisch wie Nudeln herausziehen. „Aber saisonale und regionale Zutaten sind für uns immer wichtig. Natürlich versucht man immer wieder etwas Neues zu finden, aber Kürbis ist eben ein gut erkochtes Produkt.“

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Um der Vielfalt der Kürbisse – es gibt rund 800 Arten und Sorten – in der Küche gerecht zu werden, muss man also vor allem probieren. Mediterrane Kräuter wie Thymian oder Rosmarin dazu für Einsteiger, süß-sauer eingelegt für Fortgeschrittene. Einmal ein Pesto, dann paniert. Kürbis-Expertin und KURIER freizeit-Redakteurin Heidi Strobl: „Wenige wissen zum Beispiel, dass Kürbisse dünn gehobelt und mariniert auch roh hervorragend schmecken.“ Und dass Speisekürbisse ganz durchreifen müssen. „Manche Sorten, wie etwa der Hokkaido, werden durch Lagerung bis zu einem Jahr noch besser.“

Amerikano-steirisch

Genauso allgegenwärtig wie der Kürbis ist in Österreich auch die Assoziationskette Kern – Öl – Steiermark. Durch eine Mutation bildet sich um die Kerne des steirischen Ölkürbis keine verholzende Samenschale, wodurch sie leichter zu pressen sind. Erstmals wurde der Anbau in der Steiermark 1697 erwähnt, das „Kürbes Öell“ im Jahr 1742.

Ob ein Steirer die ersten Kürbissamen aus dem Ursprungsland Amerika nach Europa brachte, ist nicht belegt. Dafür aber, dass die Kulturpflanze, die mit Melonen und Gurken verwandt ist, im nördlichen Mexiko und Nordamerika schon vor 10.000 Jahren angebaut wurde. Übrigens ebenfalls wegen der ölhaltigen, nahrhaften Kerne. Die Ureinwohner schnitzten aus der Schale Penishüllen und Tabakdosen. Noch heute verwenden afrikanische und südpazifische Stämme getrocknete Flaschenkürbisse als Versteck für die Scham. Aber auch als Musikinstrumente.

In der industrialisierten Welt dient Kürbis neben dem Einsatz in der Küche eher zur Zierde des Heimes. Heidi Strobl weist auf ein Kuriosum hin: „Die kleinen, schönen, gut schmeckenden Kürbisse kann man als Speise- oder Zierkürbis kaufen. Als Zierkürbis sind sie teurer.“

Dass Menschen mehr Geld für etwas ausgeben, das sie anschauen, als für etwas, das sie essen – alleine dafür ist dem Herbst-Besetzer Kürbis zu misstrauen.

Wussten Sie, dass...

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