Brenna tuans guat in der Südsteiermark
Von Ida Metzger
Studenten im Silicon Valley tüfteln in der Garage an neuen Start-up, träumen von einem milliardenschweren Unternehmen. Und was machen südsteirische Studenten so ihrer Garage? Zum Gaudium brennen sie Gin. Denn statt Laptops stehen in den Garagen und Keller der Buschenschenken Edelstahltanks und Brennkessel. Aber auch das kann zum Erfolg führen. Genau so fing die hochprozentige Story von Johannes Firmenich (29) und Reinhard Jagerhofer (29) an. „Wir dachten nie daran, den Gin zu verkaufen. Wir wollten ihn nur an Freunde verschenken“, erzählt Firmenich.
Doch dann, nachdem sie zwei Jahre an der Rezeptur gefeilt hatten, gaben die Studenten an der Wiener Universität für Bodenkultur dem Barkeeper der Josef-Bar eine Probe ihres frischen, fruchtigen Gins. Sie waren neugierig, was der Profi-Gaumen zum Selbstgebrannten sagt. Das Urteil war eindeutig: „Burschen, das ist richtig gut. Das müsst ihr verkaufen“.
Im Grunde war das die Geburtsstunde des Gin-Labels „Stin“ – die Abkürzung für Styrian Gin. 2017 wurde die erste Flasche verkauft, heute sind es pro Jahr über 4.000 Flaschen der hochprozentigen Trend-Spirituose, die bis nach Japan und Taiwan geliefert werden.
Eine der legendärsten Gin-Aficionados war Queen Mum. Bis zu ihrem Tod soll sie sich täglich mindestens einen Gin Tonic genehmigt haben. Damals war Gin-Tonic noch eine simple Sache. Meist war das Ergebnis ein Gordon’s Gin mit Schweppes Indian Tonic Water.
Heute ist die Bestellung eines Gins eine komplexe Sache geworden. Welcher Gin darf es sein? Welches Tonic passt dazu? Der Hype hat eine Fülle an kleinen Privatbrennereien entstehen lassen. Vor allem in der Südsteiermark ist die Konzentration besonders hoch. „Einen Brennkessel hat fast jeder Weinbauer in der Südsteiermark. Die Herstellung selbst ist kein Kunstwerk, wenn man es einmal im Griff hat“, erklärt Firmenich das Phänomen.
28 Zutaten hat der Stin-Gin. Das Mengenverhältnis ist das Geheimnis der jungen Gin-Produzenten. Viele Zutaten wie Wacholder (Basiszutat von Gin), Apfel und Holunder kommen aus der eigenen Landwirtschaft. Prägend im Geschmack sind auch die ätherischen Öle der Zitrone und Orange.
Gleich in der ersten Saison reichten Firmenich und Jagerhofer ihren Gin für den World Spirits Award ein. Mit einem zweiten oder dritten Platz in den Einzelkategorien rechnete das Brenn-Duo – mehr nicht. Zur Award-Verleihung schickten sie ihre Väter – und dann passierte, womit niemand gerechnet hatte: Sie erhielten 2018 die Bestwertung.
„Mein Gin ist kein Schmeichler. Er ist etwas für geübte Gin-Trinker.“
Einer der ersten, der in der Südsteiermark Gin auf höchstem Niveau brannte, ist Wolfgang Thomann. Man könnte sagen: ein Spätberufener, der den Boom in der Südsteiermark auslöste. Bis 2006 war der heute 57-Jährige Croupier. Dann hatte er genug von dem Business, das stets mit negativen Stimmungen verbunden ist. Nach dem Weinbaustudium kreierte er die Gin-Marke „Aeijst“ (steirische Aussprache für Äste). „Alle Produkte, die ich für den Gin brauche, wachsen auf Ästen“, so Thomann. Das sind beachtliche zwanzig. Bis 25.000 Flaschen pro Jahr produziert er mittlerweile. „Mein Gin ist kein Schmeichler. Er ist etwas für geübte Gin-Trinker.“ Auch seine Rezeptur hütet er nicht wie ein Geheimnis, denn Thomann ist der Überzeugung, dass bei der Produktion vom Einweichen der Wacholderbeeren bis zum Filtrieren so viele Kleinigkeiten über das Endergebnis entscheiden, dass kein anderer außer ihm das exakt gleiche Gin-Produkte brennen könnte. Drei Tage kaserniert er sich für den Brennzyklus ein, um jedem Gin-Liter einen Feinschliff zu geben.
Das Besondere am Aeijst-Gin ist die Zutat Lavendel. „Das ist eine gefährliche Zutat, denn bei Überdosierung riecht man ihn sehr stark“, sagt Thomann. Der Erfolg des Aeijst-Gins zeigt sich auch an der modernen Brennerei mitten in St. Nikolai im Sausal. Hier kann man nicht nur wunderbar verkosten, sondern auch seinen eigenen ersten Gin brennen.
Stile und Arten
Der Name Gin ist eine verkürzte Form von Genever – das leitet sich von Juniperus ab, dem lateinischen Namen für die Wacholderbeere. Die Grundregel ist einfach: Alle Ginsorten müssen aus einem destillierten Basisalkohol bestehen, der mit Wacholder und anderen pflanzlichen Rohstoffen – im Fachjargon als Botanicals bezeichnet – aromatisiert wird.
Der bekannteste Ginstil ist „London (Dry) Gin“ Er tauchte nach 1830 in London auf, darf aber überall auf der Welt produziert werden. Er muss redestilliert werden. Das Destillat muss Minimum
70 Vol.-% Alkohol aufweisen, nach der Destillation ist eine weitere Aromatisierung nicht zulässig, also wird nur mit Wasser die Trinkstärke eingestellt.