Leben

Schnee: Unschuldsvermutung für das Land

Es bleibt spannend. Während ich diesen Text schreibe, ist von Schnee keine Spur. Höchstens auf der Gerichtsseite. (Für mich war das eine der schönsten Zeitungsmeldungen des Jahres: Die Polizei warnte, dass sich in einem Entwurmungsmittel Spuren von Kokain befinden. Angeblich sind einige Stars seitdem so wurmfrei wie noch nie – dafür reden die Hunde wahnsinnig viel und wedeln extrem schnell mit dem Schwanz.)

Wo waren wir? Richtig, beim Schnee. Vielleicht hat es – es dauert ja, bis dieser Text bei Ihnen ankommt – inzwischen geschneit. Schnee ist ein Angebot, auf ihm Richtung Weihnachtsstimmung zu rutschen. Wenn es geschneit hat, trägt alles eine weiße Weste, das Land wird also zu KHG. Ganze Regionen stehen plötzlich unter schönster Unschuldsvermutung.

Nur in Wien ist Schnee nicht so beliebt. Jedes Jahr wieder wird die Stadt mitten im Winter von Schnee überrascht, ab einer geschlossenen Schneedecke von mehr als 0,3 Zentimetern kommt der gesamte Verkehr zum Erliegen, es drohen Massenpanik und Hamsterkäufe. (Muss man für Hamsterkäufe eigentlich in die Tierhandlung? Ich schweife schon wieder ab.)

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – aber ich spüre Weihnachten heuer so stark wie seit meiner Kindheit nicht mehr. Heuer bringt Weihnachten sogar den Zyniker in mir zum Schweigen. Vielleicht liegt es daran, dass im Freundes- und Familienkreis gerade so viel zu Ende geht und so vieles neu anfängt, und genau darum geht es ja beim Fest der Wintersonnenwende. Unlängst stand ich auf einem winzigen Weihnachtsmarkt, trank absurd süßen, absurd geschlagobersten Punsch und hörte das verheerende Lied „Last Christmas“, und zwar in einer Panflöten-Version aus einem billigen Synthesizer. Und fand es schön. Was mach ich jetzt?

"Das war 2014 ... Ein Jahr im Rückspiegel": Kabarattistischer Jahresrückblick mit Guido Tartarotti, Gerald Fleischhacker, Leo Lukas, Joesi Prokopetz und Verena Scheitz.

27. bis 30. 12.: Wien, Stadtsaal (jeweils 20 Uhr, am 28. zusätzlich um 15 Uhr)

www.stadtsaal.com