Leben

König von Teppichland

Weniges prägt uns so sehr, wie die erste Reise. Meine ersten Reisen gingen nach Teppichland. Jeden Samstag bin ich mit meinen Großeltern in den Großkonsum nach Vösendorf gefahren. Für mich war das aufregend. Denn ich bin sehr behütet aufgewachsen und wenig rausgekommen, der Großkonsum hatte für mich den Geruch der weiten Welt. Ich bin als Kind von Deutschlehrern übrigens auch sprachlich sehr behütet aufgewachsen – Dialekt war bei uns verboten. Ich habe, kein Schmäh, als Kind lange geglaubt, Vösendorf sei ein Dialektausdruck für Felsendorf. (Dafür gibt es einen Fachausdruck: Hyperurbanismus. Wenn jemand, im Versuch, sich gewählt auszudrücken, Geißenherd sagt statt Gasherd.)

Und nach dem Einkaufen im Großkonsum sind die Großeltern immer ins Teppichland gegangen, das war gleich ein Haus weiter. Sie haben zwar nie einen Teppich gekauft, denn mein Großvater war streng katholisch. So ein richtiger Teppich, das war für ihn unsagbar frivol. Aber die Großeltern haben sich jeden Samstag angeschaut, welchen Teppich sie sich kaufen würden, wenn sie nicht katholisch wären.

Ich habe das Teppichland geliebt, denn ich habe mich immer in diese dezimetertiefen Plüschteppiche reingelegt, die damals in den Siebzigern so in Mode waren. Ich bin da drin komplett versunken und war auch fast so etwas wie eing’raucht von den Chemikalien im Teppich – und ich hab mir damals gedacht: Wenn ich groß bin, wandere ich aus nach Teppichland und werde dort König. Und dann nehme ich mir den dicksten Teppich von allen, leg mich hinein und geh nie wieder raus. Sondern warte da drin ganz gemütlich, bis das Licht ausgeht.

Die letzte Vorstellung von Guido Tartarottis Kabarettprogramm "Urlaubsfotos (keine Diashow)":

3. Dezember, 20.00 Uhr, Stadttheater Walfischgasse

www.stadttheater.org