Leben

Köstlich ...

Vor nichts haben die Menschen in Österreich solche Angst wie vor dem Wort „lecker“. Pest, Cholera, Hypo-Skandal, Gabalier im Fernsehen – alles irrelevante Naturkatastrophen im Vergleich zu „lecker“.

Warum eigentlich? Lecker ist ein aus dem Mittelhochdeutschen stammendes, ganz normales Wort, es mag in Deutschland gebräuchlicher sein als in den östlichen Landesteilen Österreichs, aber deshalb hat es noch lange keinen deutschen Reisepass. Lecker hat denselben Stamm wie „lecken“ – „so gut, dass man sich die Lippen leckt“, ein schönes Bild. Lecker hört sich für mich besser an als „köstlich“ (das sagt man bei Soireen von Landadeligen) oder „gschmackig“ (klingt so, als hätte man sich in einen Tiefkühlgemüse-Werbespot verirrt).

Mich stören auch Tomaten und Kartoffeln nicht. Tomate ist kein bundesdeutsches Wort, sondern ein aztekisches („Xitomatl“), und ich habe nichts gegen Azteken (und gegen Deutsche auch nicht). Kartoffel wieder hat den gleichen Wortstamm wie „Trüffel“. Trüffel sind wahrscheinlich das Leckerste (Köstlichste, Gschmackigste), das ich je gegessen habe. Trüffel kommt übrigens vom lateinischen terrae tuber, also Knolle der Erde. Kartoffel ist also das gleiche Wort wie Erdapfel. I haaß Kartoffel, du haaßt Kartoffel – wieso sagen s’ zu dir Piefke?

Merkwürdig finde ich, dass unsere Nachbarn „an Weihnachten“ sagen. „An“ heißt ja: nah dran (also knapp daneben). Sagte jemand zu mir „komm an Weihnachten zu uns“, wäre das Risiko groß, dass ich am 23. 12. vor seiner Türe stünde. Und obwohl ich weiß, dass unser österreichisches „Ich bin gesessen“ innerhalb der Sprachfamilie nur eine exotische Ausnahme darstellt, könnte ich nicht „Ich habe gesessen“ sagen. Das klingt so, als sei man ein Ex-Politiker aus Kärnten und gerade auf Bewährung draußen.