Chronik/Wien

Bub in Hallenbad vergewaltigt: Womöglich schwer verletzt

Der junge Mann, der am 2. Dezember 2015 im Theresienbad in Wien-Meidling einen zehnjährigen Buben vergewaltigt haben soll, hat sich am Dienstag im Landesgericht umfassend schuldig bekannt. "Er ist zu sämtlichen Anklagepunkten geständig", sagte Verteidiger Roland Kier. Die Öffentlichkeit wurde von der Verhandlung ausgeschlossen, ehe der Tathergang erörtert wurde.

Nach der Einvernahme des Angeklagten ist die Verhandlung gegen den 20-jährigen irakischen Flüchtling auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Grund: Der von diesem missbrauchte und vergewaltigte Bub dürfte infolge der Tathandlungen eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten haben. Seine Rechtsvertreterin legte dem Gericht eine entsprechende Information vor.

Strafrahmen bis zu 15 Jahre

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Diese soll nun mittels eines Gutachtens überprüft werden. Zur Beiziehung einer Sachverständigen für Kinderpsychologie und -psychiatrie wurde die Verhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt. Wäre eine posttraumatische Belastungsstörung gegeben, hätte das für den Angeklagten gravierende Folgen. Eine solche wäre laut Judikatur einer schweren Körperverletzung gleichzusetzen, was den Strafrahmen auf bis zu 15 Jahre Haft erhöhen würde.

Darum hatte die Rechtsvertreterin des Buben ersucht, die ihren Namen auf Anfrage nicht bekannt geben wollte. "Es wäre eine massive Belastung, wenn das Opfer oder Mitschüler aus den Medien über Details informiert würden", begründete die juristische Prozessbegleiterin ihren Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit. Eine "sexuelle Viktimisierung" des Schülers sei ebenso zu vermeiden wie eine "unerträgliche emotionale Belastung."

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Verteidiger Kier hatte ebenfalls eine Verhandlung hinter verschlossenen Türen "im Interesse des Angeklagten" verlangt. Dessen Intimsphäre und "sexuelle Orientierung" solle "nicht medial breit getreten werden".

Der Schöffensenat (Vorsitz: Norbert Gerstberger) gab nach eingehender Beratung dem Antrag der Opfer-Vertreterin insoweit Folge, als die Medienvertreter und Zuschauer während der Befragung des Angeklagten zum Tatgeschehen und dem Abspielen der DVD mit der kontradiktorischen Einvernahme des Zehnjährigen nicht zugelassen wurden.

Bademeister verständigte Polizei

Der Zehnjährige hatte das Theresienbad unweit der Meidlinger Hauptstraße besucht, wo er beim Herumtollen im Schwimmbecken einen 15-jährigen Buben kennenlernte. In dessen Begleitung befand sich der 20-Jährige, der - so die Angaben des Betroffenen - den Zehnjährigen schließlich an der Hand packte, in eine WC-Kabine drängte, die Tür verriegelte, dem Buben die Badehose herunterzog und sich an ihm verging. Der Bub schrie vor Schmerzen auf, wurde aber von niemandem gehört. Nachdem er sich befriedigt hatte, verließ der 20-Jährige das WC und vergnügte sich mit Sprüngen vom Drei-Meter-Brett. Der Zehnjährige vertraute sich schließlich weinend dem Bademeister an, der unverzüglich die Polizei verständigte. Für den 20-Jährigen, der im Irak als Taxifahrer gearbeitet hatte und in Österreich von der staatlichen Grundversorgung lebte, klickten noch in Badebekleidung die Handschellen.

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Seither machen ihm Panikattacken zu schaffen. In seiner Beschuldigtenvernehmung legte der 20-Jährige ein Geständnis ab und erklärte der Polizei laut Einvernahmeprotokoll, er sei seinen "Gelüsten nachgegangen". Er habe seit vier Monaten keinen Sex mehr gehabt.

Auf die Frage der Beamten, ob es nicht auch im Irak verboten sei, mit zehnjährigen Buben Sex zu haben, antwortete der Flüchtling: "So etwas ist in jedem Land der Welt verboten." Darüber hinaus gehend räumte er ein: "Wenn Sie mir sagen würden, das Opfer ist jünger, würde ich es auch glauben."

Der schlaksige, beinahe noch jugendlich wirkende Angeklagte hatte im Irak als Taxifahrer gearbeitet. Im September 2013 heiratete er, seine Frau bekam bald danach ein Kind. Im August 2015 hätte er sich "innerhalb von einer Woche entschieden, den Irak zu verlassen", erklärte er auf Befragen des vorsitzenden Richters. Zu seiner Motivation bemerkte er: "Ich wollte eine Zukunft aufbauen für mich und meine Familie." - "Wirtschaftliche Gründe also", bemerkte Richter Gerstberger. - "Ja. Es gibt auch Krieg im Irak. Da kann man nichts schaffen."

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Dass es sich bei dem 20-Jährigen nicht unbedingt um einen "bettelarmen" Flüchtling gehandelt haben dürfte, zeigte sich an der Art und Weise seiner Flucht. Der Sohn eines Geschäftsmanns buchte seinen Angaben zufolge einfach einen Flug von Bagdad nach Istanbul, gelangte mit einem Schiff von der Türkei nach Griechenland, ließ sich in ein Flüchtlingslager chauffieren und schloss sich dann dem Menschenstrom Richtung Norden an. "Sieben Tage hat die Reise gedauert", erklärte er dem Gericht. An der ungarisch-österreichischen Grenze wären zwar Polizisten gestanden, "aber die haben uns gewunken, dass wir weiter können".

"Es hat mir gut gefallen hier in Österreich"

Reiseziel des jungen Irakers war Schweden: "Dort habe ich Freunde." Er habe es allerdings nur bis Hamburg geschafft: "Es ist mir nicht gelungen weiterzukommen." Also sei er über München wieder zurück nach Wien gereist: "Es hat mir gut gefallen hier in Österreich." Kontrolliert wurde er in all dieser Zeit nie. Am Wiener Hauptbahnhof stellte der 20-Jährige einen Asylantrag. Er wurde zunächst in einer Unterkunft am Westbahnhof untergebracht und wenig später per Bus nach Hietzing verlegt, wo er ein Zimmer in einem zu einem Flüchtlingsquartier umfunktionierten Heim bezog. Über seinen Asylantrag sei noch nicht entschieden, berichtete der Angeklagte abschließend: "Ich will meine Frau und meine Tochter nachkommen lassen."

Wann die Verhandlung fortgesetzt wird, ist noch unklar. Informell hieß es, mit dem nächsten Termin sei Ende Mai zu rechnen.

Krisenintervention und Prozessbegleitung als erste Maßnahmen

Der Bub wurde unmittelbar nach dem traumatisierenden Vorfall an ein möwe Kinderschutzzentrum zugewiesen und ist seitdem in regelmäßiger Betreuung. Nach der notwendigen Krisenintervention wurde er durch eine Psychologin auf den bevorstehenden Prozess vorbereitet. Ziel der Prozessbegleitung ist es, betroffene Kinder bereits im Vorfeld zu stabilisieren und zu stärken. Während des gesamten Strafverfahrens stehen dem Buben und seiner Familie die möwe ProzessbegleiterInnen zur Seite. Ihre Aufgabe ist es, den Buben vor einer weiteren Retraumatisierung durch das Verfahren selbst zu schützen und die Belastungen während des Strafprozesses möglichst gering zu halten. Die Arbeit der Prozessbegleitung erfolgt in enger Kooperation mit dem juristischen Beistand und in Abstimmung mit den Bezugspersonen des Opfers.

Therapeutische Verarbeitung unter Einbeziehung der Familie

Ein wesentlicher Bestandteil der Therapie von Missbrauchsopfern ist die Miteinbeziehung der Familie. Eine erfolgreiche Stabilisierung des Kindes kann nur dann erfolgen, wenn auch die wesentlichen Bezugspersonen wie Eltern, Geschwister, … entsprechend begleitet werden. Gemeinsam werden vorhandene Ressourcen aktiviert und der Weg zurück in einen gesunden Alltag gesucht.

„Nach den Belastungen des Verfahrens und dem großen medialen Interesse braucht es für die Familie jetzt dringend möglichst viel Ruhe und Normalität, in der die therapeutische Verarbeitung der Geschehnisse möglich wird“, sagt Mag. Hedwig Wölfl, Geschäftsführerin der möwe und fügt hinzu: „Aus unserer jahrelangen Erfahrung wissen wir, dass der Missbrauch durch einen Fremdtäter mit Expertenunterstützung gut verkraftet werden kann. Wir sind zuversichtlich, dass auch hier ein guter Umgang mit den traumatischen Erlebnissen möglich ist.“

Über die möwe

Die möwe betreut in 5 Kinderschutzzentren in Wien und Niederösterreich jährlich mehr als 4000 Kinder, Jugendliche und deren Bezugspersonen, die Erfahrungen mit physischer, psychischer oder sexueller Gewalt machen mussten oder machen. In der überwiegenden Zahl der Fälle handelt es sich bei den Tätern um Personen aus dem sozialen Nahraum der Kinder und Jugendlichen. Dank Leistungsverträge mit den Gebietskrankenkassen und öffentlicher Förderungen können die möwe Leistungen (Therapie, Prozessbegleitung, Diagnostik und Beratung) den Betroffenen niederschwellig und kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

So erreichen Sie die möwe Kinderschutzzentren:

www.die-moewe.at

Die möweWien 01 532 15 15 ksz-wien@die-moewe.at
Die möweMödling 02236 866 100 ksz-moedling@die-moewe.at
Die möweNeunkirchen 02635 66 664 ksz-nk@die-moewe.at
Die möweSt. Pölten 02742 311 111 ksz-stp@die-moewe.at
Die möweMistelbach 02572 20 450 ksz-mksz-mi@die-moewe.at

Weitere Kontakt- und Informationsstellen nach Gewalt und Missbrauch an Kindern:
www.rataufdraht.at Rat auf Draht
www.pb-fachstelle.at Psychosoziale Prozessbegleitung für Kinder und Jugendliche
www.gewaltinfo.at
www.kija.at Kinder und Jugendanwaltschaften