Wiener Ärztekammer zeigt ihren Ex-Chef Szekeres an
Von Josef Gebhard
Vergangene Woche forderte Thomas Szekeres noch Neuwahlen, um die inneren Querelen in der Wiener Ärztekammer zu beenden, jetzt wird der Ex-Präsident selbst in die Finanzaffäre rund um die kammereigene Firma Equip4Ordi (E4O) hineingezogen.
Gegen Szekeres liegt eine Anzeige wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch bei der Staatsanwaltschaft Wien vor. Das Pikante daran: Eingebracht wurde sie von der Wiener Ärztekammer, der er selbst viele Jahre vorstand.
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Bei der Anzeige gegen Szekeres geht es um einen Teilaspekt der Causa E4O, die seit Monaten die Kammer beschäftigt und zu schweren internen Konflikten geführt hat. Wie berichtet, war es in der Handelsfirma, die zur Kurie der niedergelassenen Ärzte gehört und unter der Ägide des damaligen Kurienobmanns Steinhart gegründet worden war, zu massiven Ungereimtheiten gekommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Untreue, Begünstigung und des schweren Betrugs. Einer der Beschuldigten ist Steinhart.
Szekeres wiederum kommt nun wegen eines Geldtransfers der Kammer an die E4O ins Visier, der nicht korrekt beschlossen worden sein soll. Dies geht zumindest aus einem Gutachten des Rechtsanwalts Markus Höcher hervor, das dem KURIER vorliegt.
Schieflage
Demnach befand sich die 2019 gegründete E4O, die Ärzte günstig mit Ordi-Bedarf versorgen sollte, von Anfang an in einer schwierigen finanziellen Lage. So scheint laut Liquiditätsplan für das Jahr 2020 ein Minus von 840.000 Euro auf.
Im Dezember 2019 wurden im Rahmen einer außerordentlichen Vorstandssitzung der Wiener Kammer 900.000 Euro aus dem Kampf- und Aktionsfonds für Öffentlichkeitsarbeit für die E4O umgewidmet.
Darlehen
Diese Mittel wurden dann aber bald danach umtituliert: Auf Antrag Steinharts beschloss die Kurie am 10. März 2020 die 900.000 in Form eines Darlehens der E4O zur Verfügung zu stellen. Der Zweck: Abdeckung notwendiger Investitionen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die E4O ein negatives Eigenkapital von über 500.000 Euro, was aber die Mandatare laut Gutachten vermutlich nicht wussten.
Diese Vorgehensweise stieß allerdings intern auf Widerstand: In seiner damaligen Funktion als Finanzreferent der Wiener Kammer wandte sich der heutige Vizepräsident Stefan Ferenci unter anderem an den damaligen Präsidenten Szekeres. Seine Bedenken: Der von der Kurie beschlossene Verwendungszweck stimme nicht mit jenem im Beschluss des Kammer-Vorstandes überein. Szekeres soll daher sein Veto einreichen und den Beschluss dem Vorstand zuweisen.
Letztlich wurde das Geld dennoch überwiesen. Nötig waren dafür von Seiten der Kammer vier Unterschriften. Jene von Kurienobmann Steinhart und dessen Finanzreferenten, die auch unterzeichneten. Ferenci hingegen verweigerte ob seiner Bedenken die Unterschrift.
Nicht rechtskonform
Nicht aber Szekeres, der in seiner Funktion als Präsident den Beschluss gegenzuzeichnen hatte, um damit dessen rechtmäßiges Zustandekommen zu bestätigen.
Dies sei aber laut Gutachten gleich aus zwei Gründen nicht der Fall gewesen. Erstens: Die fehlende Unterschrift von Ferenci. Alleine deshalb hätte Szekeres schon "erkennen müssen, dass kein rechtskonformer Zustand hergestellt werden konnte", heißt es in dem Papier. "Darüber hinaus hätte er aber auch deshalb nicht gegenzeichnen dürfen, weil der Beschluss vom 10.3. 2020 die Kompetenz der Kurie überschritten hatte und rechtswidrig war." Die Gegenzeichnung stelle einen Hoheitsakt dar, deshalb könne es sein, dass Szekeres einen Missbrauch der Amtsgewalt zu verantworten habe.
"Es ist nicht leicht gefallen. Aber nach eingehender Prüfung der Sachlage waren wir aufgrund des Gesetzes verpflichtet, die Staatsanwaltschaft zu informieren", sagt Ferenci, der aktuell den erkrankten Steinhart als Wiener Kammerchef vertritt.
Szekeres wehrt sich
Ein Sprecher von Szekeres verwies gegenüber der APA am Nachmittag darauf, dass dieser sich zu den Vorwürfen bereits im Frühjahr geäußert habe. Und zwar habe Szekeres zunächst seine Zustimmung zu diesem Darlehen verweigert und die Aufsichtsbehörde befragt. Diese habe bestätigt, dass die Kammer das Recht habe, eine Firma zu betreiben.
Außerdem habe Szekeres festgehalten, dass die Entscheidung zu diesem Darlehen nicht er, sondern eine Mehrheit der Mandatare in der Kurie getroffen hätte. Deren Beschlüsse hätte er als Präsident umsetzen müssen. Das Darlehen, so betonte der Sprecher, sei wie vereinbart an die Kammer zurückbezahlt worden.