Chronik/Wien

Wien verordnet sich ein Spekulationsverbot

In Salzburg verlor die SPÖ nach dem Finanzskandal den Landeshauptmannsessel, in Wien ist man davon weit entfernt. Dennoch will die Wiener Stadtregierung risikoreiche Geschäfte ein für alle mal ausschließen. Am Dienstag präsentierte Finanzstadträtin Renate Brauner (SP) ein entsprechendes Gesetz. Die umstrittenen Frankenkredite sind damit aber noch nicht Geschichte.

Ab 1. Oktober darf Wien immerhin keine neuen risikoreichen Geschäfte mehr tätigen. Zugleich leistet man sich ein neues EDV-System, mit dem alle Zahlungsflüsse noch genauer kontrolliert werden.

Derivatgeschäfte dürfen nur noch mit entsprechendem Grundgeschäft abgeschlossen werden, Das gilt auch für 100%-Tochtergesellschaften der Stadt, die nicht am privaten Markt tätig sind – etwa der Krankenanstaltenverbund (KAV).

Ausnahmen

Nicht von dem Gesetz betroffen sind Tochterfirmen, die am freien Markt agieren, etwa die Wien Energie, die Derivatgeschäfte zur Absicherung der Energiepreise abschließt. „Hier verhindert aber das strenge Aktienrecht Spekulationen“, versichert Brauner. Die Stadt selbst besitze übrigens keine Derivate.

Alle Inhalte anzeigen

Die einzigen spekulativen Geschäfte der Stadt sind Kredite in Schweizer Franken. So nahm man allein nach der Krise 2008 knapp 1,2 Milliarden Euro in Franken auf, um die Konjunktur zu beleben. Seit 2011 schließt Wien keine Frankenkredite mehr ab. Doch noch laufen mehrere Kredite in Milliardenhöhe. Derzeit hat Wien rund 4,3 Milliarden Euro Schulden (siehe Grafik), 38 Prozent davon in Schweizer Franken. Trotz des aktuell schlechten Wechselkurses habe man seit Beginn der Frankengeschäfte 1984 knapp 600 Millionen Euro gespart, sagt Finanzchef Dietmar Griebler.

Aktuell auslaufende Kredite werden derzeit nicht zurückgezahlt, sondern erneuert, um drohende Verluste so weit zu verzögern, bis sich der Euro-Franken-Kurs wieder normalisiert hat. Bis 2016 will die Stadt aus allen Frankengeschäften aussteigen. Eine Garantie dafür, dass sich der Kurs bis dahin erholt hat, gibt es freilich nicht.

Wenig auskunftsfreudig zeigen sich Wiens Stadträte, wenn es um die Kosten für externe Berater und Studien geht. Eine ÖVP-Anfrage dazu blieb mit Hinweis auf den Datenschutz unbeantwortet, berichtet Der Standard.

Der Hintergrund: Auf Bundesebene hatten die Grünen eine Anfrage zum Thema Beratungskosten an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gerichtet, die auch detailliert beantwortet wurde. Anlass für die Stadtschwarzen den Spieß umzudrehen und ihrerseits eine entsprechende Anfrage an die rot-grüne Regierung zu richten.

Jetzt schießt sich die ÖVP vor allem auf Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou ein. Schließlich würden gerade die Grünen ständig auf die Notwendigkeit von mehr Transparenz hinweisen. Das Büro der Vizebürgermeisterin kontert: „Über das grüne Ressort wurden seit der Amtsübernahme 2010 keine Beratungsleistungen vergeben.“

Und zum Vorwurf der Intransparenz: „Unabhängig davon, dass es sich um ein von den Grünen geführtes Ressort handelt, hat sich dieses Ressort an die Rechtsmeinung des Rathauses und seines Verfassungsdienstes zu halten.“

Glücklich sei man mit dieser Situation selber nicht: „Im Sinne einer transparenten Verwaltung ist eine gesetzliche Reform dringend notwendig.“ Die Grünen hätten dazu auch schon ihre Vorstellungen vorgelegt. „Bis zu einer Änderung haben wir uns aber an die entsprechenden Grundlagen zu halten – ob sie uns gefallen oder nicht.“